Kuckucksuhr ohne Kitsch und Lachen mit Quasthoff

Max Mutzke wildert in alles Stilen, ist ein musikalisches Chamäleon und er nahm für Deutschland am Eurovision Song Contest teil, aber das ist lange her. Jetzt ist der Meister schon wieder viel weiter. Aber was ist bei alledem sein Anker? Vielleicht eine Kuckucksuhr, wie er erzählt.
AZ: Max Mutzke. Schöner kann man sich einen Namen gar nicht ausdenken, und als zweiten Vornamen auch noch Nepomuk...
MAX MUTZKE: Ja, es ist eine eingängige Alliteration mit den beiden Anfangs-„M“s. Und dann dieses harte, rhythmische „tzk“, das ich sogar höre, wenn Leute hinter mir meinen Namen flüstern. Eine Agentur hat herausgefunden: 95 Prozent gegeben an, den Namen zu kennen. Das sind Madonna-Werte! Aber dann wissen sie im zweiten Schritt nicht, ob ich Politiker, Schauspieler, Comedian oder Musiker bin. Pech für mich!
Und Nepomuk? Das klingt katholisch-barock...
Obwohl mein Vater Protestant ist. Als Kind habe ich unter „Nepomuk“ gelitten, weil’s alle lustig fanden. Jetzt mag ich den Namen richtig. Meine Mutter, eine sehr extravagante Frau, hat ihn durchgesetzt. Auch alle meine Geschwister haben ausgefallene Namen.
Ein alter Ihrer Songs heißt „Black Forest“, also eine Heimat-Hommage.
Ja, und ich fahre da gerade wieder hin. Das ist meine Heimat, wo mein Leben stattfindet. Wenn Leute sagen, da ist nichts los, sage ich immer: Dafür sorgt man selbst, dass da was los ist. Ich würde auch nicht im größten Erfolgsmoment von dort wegziehen.
Haben Sie wenigstens eine Abneigung gegen Kuckucksuhren?
Nein, ich bin mit einer Kuckucksuhr aufgewachsen. Ihr Ticken mit dem Pendel war der beruhigende und Sicherheit gebende Klang meiner Kindheit. Heute habe ich wieder eine im Wohnzimmer trotz moderner Einrichtung. Und das ist bei mir auch nicht dieses alberne hippe Getue: „Ich häng mir jetzt ‘mal so ‘ne coole, abgefahrene Kuckucksuhr rein!“ Wer sowas sagt, will die Spießigkeit ironisieren, ist aber letztlich eben genauso spießig. Trotzdem ist meine auch von dem angesagten Künstler Stefan Strumbel. Ich bin zu seiner schönen Maufaktur und habe mir dort eben eine ganz traditionelle Kuckucksuhr gekauft. Nicht wie die beim Starkoch Tim Mälzer in Hamburg in der Bullerei, die drei Meter groß ist.
Musikalisch verwirren Sie ja ihr Publikum: Project Five war eine Punkband, es gibt Soul Songs von Ihnen wie „Ain’t no Sunshine“ und bei „Sommerregen“ ist die Frage: Jazz oder Pop? Dann gab es den Jazz-Award für „Durch einander“. Was hält das alles zusammen?
Letztlich meine Stimme und Person. Ich war gerade in Klaus Doldingers altem Studio, wo er seit Jahrzehnten aufnimmt. Wir haben sein Geburtstagsalbum zum 80sten gemacht. Danach war ich bei der Popband Luxuslärm in Köln und habe ein Video gedreht. Ein Stück davor war ich mit meiner Band mit der Radiophilharmonie des NDR auf der Bühne und wir haben meine Songs gespielt – ganz klassisch. Diese Vielfältigkeit verhindert vielleicht den großen Durchbruch, aber lässt mir den Raum, von dem ich sage: Es ist die Freiheit, sich nicht entscheiden zu müssen.
Aber das Publikum macht doch nicht alles mit?
Ja, nach dem „Black Forest“-Album sind wir größer getourt. Dann kam das Jazzalbum in vielen kleinen Clubs, weil die Leute ja Angst vor Jazz haben. Und auf den Festivals hat sich das dann gemischt. Da kam auch Publikum aus meinen Soulzeiten und sagte: „Ach, das ist ja auch super!“ Doldinger, Radiophilharmonie und meine R’n’B-Band: Es kommen immer andere Zuschauer, aber es mischt sich zunehmend, was ein großer Erfolg ist. Der Preis ist: Wenn man nicht klar konturiert ist wie Andreas Bourani zum Beispiel, kann man sich nicht auf eine breite Masse verlassen. Es fehlt mir halt dann eine Hallentour mit 4000 Zuschauern am Abend. Aber ich bin mir selbst treu, indem ich stilistisch untreu bin. Und so bin ich glücklich.
Auf Schloss Elmau treten Sie mit dem klassischen Bass-Bariton Thomas Quasthoff auf und haben ein Jazz-Quartett dabei.
Zusammenarbeit in der Musikerszene läuft über Sympathie, weil man ja auf der Bühne persönlich und riskant alles gibt. Wolfgang Haffner, ein Freund von mir und der bekannteste Jazzschlagzeuger in Deutschland, hatte schon mein Jazz-Album produziert. Und ich bin ja auch Schlagzeuger. Und die Jungs wie der Gitarrist Bruno Müller, Pianist Frank Chastenier, Bassist Dieter Ilg und eben Wolfgang Haffner haben schon mit Quasthoff seine Jazz-CD gemacht. Quasthoff wiederum ist ein Fan von mir und ich hatte viel Fantastisches von ihm gehört, so dass wir gesagt haben: Jetzt aber alle mal zusammen!
Sie haben ja den Song und das Video „Unsere Nacht“ gemacht, wo Quasthoff dabei war.
Ja, ich wollte was für ein „buntes Deutschland“ machen, wo es um Migranten, sexuelle Orientierung, Behinderung geht. Ich habe dazu viele versammelt, und Thomas Quasthoff war eben auch dabei. Deutschland ist ja auch ein sehr liberales, schönes Land. Und die jetzt manchmal belächelte „Willkommenskultur“ ist ja kein Strohfeuer, sondern wird von Vielen seit Monaten weitergetragen. Ich wollte Gesichter in dem Video haben, die das schätzen.
Wie darf man sich das Elmau-Projekt akustisch vorstellen?
Das wissen wir auch nicht ganz genau. Wir haben telefoniert, locker gelacht, weil Quasthoff ja saulustig und laut sein kann. Wir kennen unsere Stücke, sind Profis, treffen uns und machen was Tolles. Es passiert aus dem Moment, wird lustig und musikalisch auf hohem Niveau. Wir werden uns die Bälle zuspielen. Und alle wissen, dass Quasthoff auch als fantastischer Sänger auch Jazz kann, dabei dann seine klassische Intonation weglässt, ohne die Möglichkeiten dieser Ausbildung zu vergessen.
Max Mutzke, Thomas Quasthoff und das Wolfgang Haffner Quartett: „Celebrating 100 Years of Schloss Elmau“, Freitag, 20. Mai, kultur@schloss-elmau.de, Tel. 08823 / 18260