Konzertkritik: Toto in München in der Olympiahalle - Alles zum Konzert

München - Ein Hutständer neben dem Flügel von David Paich ist das alleinige Requisit auf der Bühne der Olympiahalle. Hin und wieder wechselt der Pianist Hüte und Zylinder, und das ist – von gelegentlichen Lichtblitzen und Laserstrahlen abgesehen – der einzige Showeffekt bei Totos Jubiläumskonzert. Der Rest ist Musik.
Die bietet die Band vor 6.000 Zuschauern selbstredend auf höchstem instrumentalen Niveau. Zylinder-Mann Paich und die beiden weiteren verbliebenen Urmitglieder von 1978, Gitarrist Steve Lukather und Keyboarder Steve Porcaro, waren in den späten Siebzigern und Achtzigern die angesagtesten Session-Musiker der Welt, haben auf Tausenden von Platten gespielt. Und auch heute könnten sie sich Paichs Zylinder über die Augen stülpen und würden dennoch keine Note vermasseln.
Anfangs rumpelts noch in der Olympiahalle
Auf die Akustik in der Olympiahalle hat das aber zunächst mal keinen Einfluss: Der Eröffnungssong "Alone" ist ein lauter, schlimmer Soundbatzen. Bei "Hold The Line" lassen sich die Instrumente schon besser ausmachen, wenig später kriegt der Tonmann den Sound gut in den Griff. Und da zeigt sich, dass auch die fünf anderen Musiker in nichts nachstehen. Percussionist Lenny Castro sowieso nicht: Der Mann ist selbst eine (Session-) Legende, der meistgebuchte Percussionist aller Zeiten, wie Lukather stolz bemerkt.
Er entfaltet mit Schlagzeuger Shannon Forrest und Bassist Shem von Shroeck einen wunderbaren Groove. Sänger Joseph Williams klingt ähnlich wie sein Vorgänger Bobby Kimball. Schade nur, dass er gar nicht so viel singen darf: Auch Lukather und Paich übernehmen öfters die Leadstimme – das zwar sehr ordentlich, aber doch mit weniger Ausdruck als Williams. Mitsingen soll auch das Publikum bei "Spanish Eyes", so die Aufforderung von Lukather – das ist bei dem neuen Stück doch etwas zu optimistisch. Spaß machen dann der Riff-Rocker "English Eyes" und das Instrumental "Jake to the Bone". Hier glänzt vor allem Paich mit einem entspannt-jazzigen Solo am Flügel. Den Super-Hit "Rosanna" verwandelt er im instrumentalen Zwischenspiel in eine coole New Orleans-Nummer.
Welche Songs der langen Bandgeschichte sollen nur gespielt werden?
Das einzige Problem bei der Jubiläumstour, so Joseph Williams, sei die Auswahl der Stücke, schließlich hätten sich in 40 Jahren doch einige angehäuft. Also bricht Toto die nächsten Lieder, gespielt in leiserer Fast-Unplugged-Besetzung, auf eine Strophe und einen Refrain runter. Das ist bei "Holyanna" und dem Americana-Song "No Love" schade, besonders aber bei einem Song von Steve Porcaro, zu dem ihn seine kleine Tochter Anfang der Achtziger inspiriert habe, wie er erzählt. Die klagte über Ärger mit einem Jungen in der Schule, fragte nach dem Warum, und der Vater antwortete mit einem Song, den er spontan schrieb. So seien sie halt, die Menschen: "It’s Human Nature".
Michael Jackson nahm "Human Nature" für "Thriller" auf, das meistverkaufte Album aller Zeiten. Der kurze Songfetzen klingt auch in der Olympiahalle magisch. Dann rockt Toto in voller Arena-Lautstärke weiter, und manche Stücke des letzten Drittels fallen deutlich ab: "Stranger in Town" ist platter Rock, auch mancher Synthie-Sound ist grenzwertig. Steve Lukathers Verbeugung vor seinem ersten Gitarren-Idol und späteren Freund George Harrison, das Beatles-Cover "While My Guitar Gently Weeps", klingt im Toto-Gewand nichtssagend, wie eine austauschbare, um den Blues beraubte Heavy-Rock-Ballade.
Umso besser ist das luftig-poppige "Make Believe", und dann kommt ja zum Schluss noch der eine Song. "Seid ihr bereit?", schreit Steve Lukather. "Seid ihr bereit für den Song?" Und auch an diesem Abend wird dieser Song herausragen mit seinem samtenen Groove, seinem unwiderstehlichen Refrain und dessen super-elegantem Übergang zum Thema, er wird herausragen wie aus dem gesamten 40-jährigen Schaffen der Band, das in der Olympiahalle gefeiert wird: "Africa".