Konzertkritik: Tosender Applaus für Elton John in der Münchner Olympiahalle
München - Es ist noch stockdunkel in der Olympiahalle, als es die ersten Standing Ovations gibt. Die Band hat gerade mit den Synthie-lastigen Fanfaren von „Funeral For A Friend“ begonnen, als die Zuschauer in den ersten Reihen aufspringen: Elton John steigt die Treppe zur Bühne hoch! Dann gehen die Scheinwerfer an, auf der LED-Leinwand rauschen endlose Wolken dahin, und nun können alle Zuschauer in der proppenvollen Olympiahalle den berühmtesten Pianisten der Pop-Geschichte sehen.
Offiziell ist er ja auf „Wonderful Crazy Night“-Tour. Doch von dem titelgebenden neuen Album spielt er gerade mal zwei Songs. Stattdessen gibt's massenweise Hits – was bei seinem Repertoire nicht falsch sein kann. Die Instrumentaleröffnung geht, wie auf seinem Meisterwerk „Goodbye Yellow Brick Road“, in „Love Lies Bleeding“ über, dann folgen „The Bitch Is Back“ und „Bennie And The Jets“: Da haben Bassist Matt Bissonette und Gitarrist Davey Johnstone in den Pausen zwischen den Schlägen genügend Zeit, sich gegenseitig die Fussel von den Anzügen zu pflücken. Elton John sorgt derweil für die Licks am Klavier.
Der Sound versagt
Als die Show bei „I Guess That's Why They Call It The Blues“ ankommt, gibt’s tatsächlich einen Grund, den Blues zu haben: Der Sound ist noch immer nicht gut, dafür ist es einfach viel zu laut, vor allem der Gesang. Doch allmählich wird das Klangbild besser, bei „Rocket Man“ in der Mitte der Show ist es dann ordentlich. Hier sieht sieht man auf den Leinwänden dreidimensional wirkende Bilder aus dem All: das Universum aus Sicht des „Rocket Man“. Dass das gesamte Publikum danach geschlossen aufspringt, hat aber mehr mit dem Song zu tun und dem schönen langen Instrumental-Outro.
Stehende Ovationen bekommt Elton John sogar für unbekanntere Songs wie „Levon“, bei dem die Band am Ende rockt. Die ganz hohen Töne umschifft Elton John dabei geschickt, wie auch bei „Goodbye Yellow Brick Road“, wo ein Kollege die hohen Noten des Refrains übernimmt. In allen anderen Lagen klingt Eltons Stimme aber voll und toll wie immer.
Wie gut gefällt Elton John sein Konzert?
Er singt auch ein paar weitere unbekanntere Lieder aus den Siebzigern, „All the Girls Love Alice“ zum Beispiel oder ein erstaunlich rockiges „Tiny Dancer“. Ob diese Musik in ihm selbst dieselbe Leidenschaft entfacht wie beim Publikum, ist schwer auszumachen: Elton John spielt sie routiniert, und seine Blicke können auch keinen Aufschluss geben – die Sonnenbrille ist blickdicht, und er wird sie den ganzen Abend nicht abnehmen.
Aber die Songs stehen ja ohnehin für sich. Bei „Your Song“, dieser großen Ballade, glitzern nicht nur die Pailletten auf Elton Johns Anzug, sondern auch Hunderte Handys. Und bei der letzten Zugabe „Crocodile Rock“ übernimmt das Publikum: „Laaaaa lalalala laaaaa“ – 11.500 Kopfstimmen muss man sich dazu denken. Dominik Petzold
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