Konzertkritik: "Keine Angst, Herr Gabalier" - so war Santiano auf dem Tollwood
Die Nord-Rocker Santiano sangen auf Tollwood ihre Lieder von der Freiheit - die AZ-Konzertkritik.
Klar: Wenn man sich die Freiheit auf die Band-Fahnen geschrieben hat, dann hat man derzeit an allen Ecken und Enden zu kämpfen. Und so reichten kurze Spitzen gegen US-Präsident Trump, den türkischen Recep Tayyip Erdogan und den "Islamischen Staat", um das Publikum in der Tollwood-Musik-Arena zu Beifallsstürmen zu bewegen.
Man mag sich gar nicht ausmalen, wie das ökologisch bewegte Tollwood-Publikum reagiert hätte, wenn Sänger Björn Both noch darauf hingewiesen hätte, dass Trumps Limousine einen Verbrennungsmotor hat. Die politischen Momente blieben am Samstag freilich die Ausnahme. Die Zuschauer waren gekommen, um Seefahrer-Rock und -Romantik zu hören – und das bekamen sie auch zwei Stunden lang ohne Pause.
Große Überraschungen bei der Titelauswahl gab es nicht, was aber niemanden störte: Das Münchner Publikum, vom Kind bis zum reiferen Alter, feierte die Rocker aus Schleswig-Holstein frenetisch. Die Themen ihrer Lieder sind universell, das kommt überall an. Dieses Konzert wurde schon beim Tollwood-Plakatdruck als "ausverkauft" markiert, auch wenn am Abend dann doch einige Plätze frei waren.
Alles hüpfte und schunkelte, kaum einer saß
Dem programmatischen Eröffnungstitel "Lieder der Freiheit" folgten in dichter Reihung Santiano-Kracher wie "Bis ans Ende der Welt", "Johnny Boy", "Frei wie der Wind", "Santiano" und "Gott muss ein Seemann sein". Kurz: Es war ein schweißtreibender Abend.
Langsame Stücke wie "Weh mir" und "Die letzte Fahrt" waren selten – aber ohne diese Ruhepausen wären die beiden jungen Damen in den hinteren Parkettreihen vermutlich beim Tanzen irgendwann in einen anderen Aggregatzustand übergegangen. Glücklich, wer solche Fans hat!
In den ruhigen Augenblicken war gelegentlich ein Bass-Wummern von draußen zu vernehmen: Der Österreicher Andreas Gabalier spielte zur selben Zeit im Olympiastadion. Sänger und Bassist Björn Both ließ das Publikum den Refrain von "Es gibt nur Wasser" als Gruß hinüber singen, und so laut und begeistert, wie die Zuschauer die Zeilen "Es gibt nur Wasser, Wasser, Wasser überall, und wir haben nichts zu trinken" mitsangen, muss man davon ausgehen, dass man es im Stadion gehört hat. Ja, das waren wir, Herr Gabalier! Aber keine Angst, Ihr Trachtenträger: Wir tun nix. Wir hüpfen nur.
Nach dem getragenen Rausschmeißer "Hoch im Norden" kam die Band noch mal auf die Bühne, um sich mit dem irischen Gassenhauer "Whiskey in the Jar" endgültig zu verabschieden – freilich nur bis zum März, wenn Santiano mit neuem Album wieder nach München kommt.
Santiano spielen wieder am 17. März 2018 (20 Uhr) in der Olympiahalle, dann mit neuem Album, das am 13. Oktober erscheint. Karten (47,90 - 73 Euro) unter muenchenticket.de