Komponist Wolfgang Rihm über sein Klavierkonzert Nr. 2

Mehr Gesang, weniger Boxkampf: Wolfgang Rihm über sein Klavierkonzert, das Tzimon Barto heute und morgen im Gasteig spielt
von  Robert Braunmüller

Er ist der gewiss produktivste Komponist seiner Generation. Und der wohl wichtigste auch. Am Donnerstag und Freitag führen die Münchner Philharmoniker das Klavierkonzert Nr. 2 von Wolfgang Rihm auf. Solist ist Tzimo Barto. Ihm ist das Werk gewidmet ist. Christoph Eschenbach dirigiert. Rihm hat unsere Fragen per Fax beantwortet.

AZ: Welches klassische Klavierkonzert mögen Sie am liebsten – und warum?

WOLFGANG RIHM: Natürlich die Mozart’schen. Ich höre sie alle wie ein unendliches Konzert – einen nicht enden wollenden Versuch über melodische Erfindung.

Gibt es in Ihrem Werk Bezüge zur Gattungstradition?

Das hoffe ich natürlich. Es hängt aber auch davon ab, wie man den Begriff „Tradition“ versteht, denn Tradition ist nichts Traditionelles.

In den Klavierkonzerten seit Strawinksky wird das Soloinstrument meist als höheres Schlagzeug eingesetzt. Auch bei Ihnen?

Wahrscheinlich nicht. Denn perkussiv geht es in diesem Stück nicht zu. Ich bin eher auf der Suche nach dem Gesanglichen im Klavierspiel. Auch bei schneller Bewegung geht es eher um das sogenannte „singende Allegro“ als um Boxkämpfe. Aber hören Sie selbst und vergleichen Sie.

Stimmt es, dass Ihr Werk zweisätzig ist – gegen die Tradition?

Es ist ein einziger, pausenlos komponierter Satz. Aber vielleicht ist es trotzdem möglich, das Konzert in zwei Teilen zu empfinden.

Gehört das Zirzensische zum Solokonzert?

Mein zweites Klavierkonzert ist sehr virtuos– jedoch von der Art, dass nicht das Vordergründige des Virtuosenhaften abgefackelt wird. Aber das ist ja in allen meinen Konzertwerken so. Der Zirkus steht nicht unbedingt im Mittelpunkt, wohl aber das Risiko.

Inwieweit haben Sie es für Tzimon Barto komponiert, dem es gewidmet ist?

Barto verfügt über ein sensationell „riskantes“ Pianissimo. Das hat den ganzen ersten Teil der Komposition inspiriert.

Warum ist das Werk vergleichsweise klein besetzt?

Mir kommt die Orchesterbesetzung gar nicht so klein vor. Sie ist allerdings beweglich gehandhabt. Und ich achte – altmodisch, wie ich bin – auf die Durchhörbarkeit der Massen.

Christoph Eschenbach setzt sich sehr für Ihr Konzert ein. Er bekommt heuer den Siemens-Musikpreis. Sie sind im Kuratoriums. Da drängt sich ein unschöner Zusammenhang auf.

Entweder besetzt man alle Kuratorien mit Leuten, die im Musikleben keine Rolle spielen, oder man sucht krampfhaft nach Interpreten, die das eigene Werk schlecht oder gar nicht darstellen. Beides wäre problematisch.

Gasteig, heute und morgen, 20 Uhr, Restkarten ab 19 Uhr

 

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