Kirill Petrenko und Diana Damrau mit Strauss und Tschaikowsky

Musikalische Akademie: Kirill Petrenko, Diana Damrau und das Bayerische Staatsorchester im Nationaltheater
Michael Bastian Weiß |
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Diana Damrau und Kirill Petrenko beim Akademiekonzert im Nationaltheater.
Wilfried Hösl Diana Damrau und Kirill Petrenko beim Akademiekonzert im Nationaltheater.

Immer, wenn es scheint, dass es aber nun wirklich nicht mehr besser geht, setzt Kirill Petrenko mit dem Bayerischen Staatsorchester noch einen drauf. Besonders an viel gespielten Werken wie etwa den sogenannten „Vier letzten Liedern“ von Richard Strauss kann man das studieren. Zugegeben, das Staatsorchester, oder besser gesagt, jene Hälfte, die gerade nicht den Münchner Opernbetrieb bestreitet, befindet sich gerade auf Tournee und spielt diese Stücke beinahe täglich. Doch sollte es eigentlich nicht genau so sein, dass eine radikal neu durchdachte Interpretation auch durch steigende Vertrautheit reift?

Den späten Abgesängen des alten Strauss könnten die Musiker keinen größeren künstlerischen Dienst erweisen. Sie werden hier auf eine geradezu bestürzende Weise kammermusikalisch aufgefasst. Auch, wer diese Musik seit langem liebt, muss erkennen, dass praktisch alle Kollegen Petrenkos sich hier auf das immer schön klingende Strauss-Orchester verlassen, das sie allzu oft in pauschalem Luxus auffahren. Der Bayerische Generalmusikdirektor hingegen hält das Staatsorchester nicht nur konstant leise, sodass Diana Damrau sich selbst in der Tiefe ausbreiten kann, er begleitet nicht nur höchst einfühlsam und reaktionsschnell, mit dem Ohr gleichsam direkt am Wort und am Ton.

Nein, vor allem verfolgt Petrenko hochkonzentriert die feinen Verästelungen der Begleitung, die man sonst kaum hört, etwa schon im „Frühling“ die subtile Weise, wie das Anfangsmotiv durch die geteilten Streicher wandert. Hinzu kommt, dass die harmonischen Entwicklungen in den Bläsern diskret und dabei ausdrucksvoll erlebbar werden. Diana Damrau kann mit ihrer so feinen, hellen, schwerelosen Stimme somit ungeahnt intim, so eng am Text und seinem Sinn, gestalten, als ob sie bloß von einem Klavier gestützt würde. Auch im „Abendrot“ ergibt sich kein breitwandiges Panorama, vielmehr hört man im Vortrag plastisch die feierliche Dialogsituation des Gedichtes: Hier wird ein Lebenspartner angesprochen und die geheimnisvolle Frage nach dem Tod gestellt. Das ist im Wortsinne unerhört.

Nicht einmal zwanzig Jahre nach Strauss’ Tod schrieb György Ligeti seine auch heute noch fesselnde Klangstudie „Lontano“. Mit geradezu unmerklichen Bewegungen, mehr durch seine Präsenz, dirigiert Petrenko die Musiker, die dadurch umso sensibler auf einander hören. Keiner hat Angst vor Klangschönheit: So ergibt sich – wohlgemerkt ohne jede Verharmlosung – eine sonst kaum je zu spürende Verbindung zurück zu Strauss. Die Deutung der allgegenwärtigen Fünften von Tschaikowsky ist ähnlich traditionsbefreit, frisch gelesen und kommuniziert beispiellos direkt mit den begeisterten Hörern in der Staatsoper. Es gilt auch hier, was ein Musikwissenschaftler im Publikum, der die Staatsoper seit 1940 (!) besucht, resümierte: So delikat hat man diese Musik wohl noch nie gehört.

 

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