Kritik

Kirill Gerstein spielt Mozart

Der Pianist gastiert mit dem Swedish Radio Symphony Orchestra unter Daniel Harding in der Isarphilharmonie
Robert Braunmüller
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Kirill Gerstein stammt aus Russland, ist amerikanischer Staatsbürger und lebt in Berlin.
Marco Borggreve Kirill Gerstein stammt aus Russland, ist amerikanischer Staatsbürger und lebt in Berlin.

Pianisten, denen technisch extrem schwierige Musik locker von den Händen geht, haben oft ein Problem mit Mozart: Er ist für sie zu leicht. Kirill Gerstein zählt nicht dazu. Ihm gelang eine aufregende, eigensinnige Deutung des Klavierkonzerts d-moll KV 466. Und das, wie man hört, unter widrigsten Umständen: mit kürzester Probenzeit bei seinem einzigen Auftritt innerhalb der Europatournee des Swedish Radio Symphony Orchestra unter Daniel Harding, bei dem der Pianist die erkrankte Maria João Pires vertrat.

Gerstein betonte den nervösen Individualismus des Solo-Parts in diesem dramatischen Konzert. Damit betonte er nur, was Mozart komponiert hat: Das Solo reagiert durchwegs mit eigenen Themen auf das Orchester. Der in Russland geborene Amerikaner setzte aber nicht einfach nur eine lyrischen Gegenpol, sondern verlieh den Soli eine hohe Innenspannung.

Don Giovanni fährt in die Hölle

Die selten gespielten, unkonventionellen Kadenzen von Ferruccio Busoni vervollständigten den Ansatz konsequent. Im zweiten Satz variierte Gerstein dann jede Wiederholung des Romanzen-Themas mit Verzierungen. Das Orchester blieb bis dahin auf Diskretion bedacht, obwohl Daniel Harding dynamische Gegensätze stark betonte. Im Finale drehte das Orchester dann mächtig auf, um den Pianisten wie Don Giovanni mit Getöse in die Hölle fahren zu lassen.

Das ist eine sehr dezidierte Interpretation dieses sehr oft und leider auch sehr oft nur als Selbstläufer gespielten Stücks. Aber eine, die mit ihrem risikofreudigen Entscheidungswillen rundum überzeugte und zu der das Orchester mit dem Dirigenten entscheidendes beitrug, obwohl es, wie man hört, nur eine Anspielprobe gegeben hatte.

Musik aus Schweden

Auch der Rest des eher mäßig besuchten Abends überzeugte. Am Beginn dirigierte Harding die Tondichtung "Eine Schärensage" des schwedischen Komponisten Hugo Alfén: ein zwischen ungewöhnlichen Farben und spätromantischem Auftrumpfen changierendes Stück.

Nach der Pause folgte noch "Also sprach Zarathustra" von Richard Strauss. Harding nahm das Schwelgerische und Lärmende zurück. Transparenz stand im Vordergrund. Der Dirigent hat bei dieser Musik durchaus etwas zu sagen.

Manches, etwa der Beginn des Tanzlieds geriet ziemlich steif, und technisch spielt das Orchester leider nicht in der allerobersten Spitzenklasse. In einer Stadt, wo drei Orchester mehr oder weniger auf den Komponisten zurückgehende Traditionen aufweisen, sollte man mit solchen Aufführungen vorsichtig sein. Immerhin war ein Problem gelöst: Zwei Schlagzeuger machten voller Kraft und einem großen Hammer die in den meisten Aufführungen viel zu leise Mitternachtsglocke endlich einmal hörbar.

Daniel Harding dirigiert im April zwei Programme der Münchner Philharmoniker

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