Kiefer Sutherland im Backstage: Ein singender Hollywoodstar in München
Hat ein Schauspieler erstmal Hollywood erobert, kommt einiges zusammen: Ruhm, Geld, Einfluss. Und bei Interesse ist auch eine Musikkarriere inklusive. So kann etwa Johnny Depp sein Hobby zum Zweitberuf machen und seinen Traum vor großem Publikum ausleben – auch wenn ihn sein Stimmchen nicht gerade zum Captain einer Rock'n'Roll-Band prädestiniert.
Kiefer Sutherland: Hollywoodstar und Country-Sänger
Bei Kiefer Sutherland ist die Sache schon ernster zu nehmen. 2016 begann er seine zweite Karriere als klassischer, traditionsbewusster Country-Sänger, inzwischen sind drei Alben erschienen. Man tritt aber wohl auch ihm nicht zu nahe, wenn man feststellt: Wäre er nicht Jack Bauer in der erfolgreichen Serie "24" gewesen, würde er mit seiner Musik kaum für viel Wirbel sorgen. Denn Country von dieser Klasse gibt es in den USA nun wahrlich genug.
Gerade sein drittes Album "Bloor Street", das Anfang des Jahres erschien, ist zu mainstreamig und glatt geraten, und man hat durchgängig das Gefühl, die musikalischen Wendungen schon mal irgendwo gehört zu haben. "Two Stepping In Time" klingt wie eine schwächere Nummer von Don Henley, und der stilistische Ausreißer "Goodbye" zeigt, dass klassischer Rhythm & Blues nicht Sutherlands Sache ist. Auch der Titelsong "Bloor Street" und viele andere Lieder sind Dutzendware.
Sutherland erinnert sich an seine Gefängniszeit
Doch manche Songs sind eben auch gefällig, zum Beispiel die Ballade "Going Down" oder das schnelle "So Full Of Love", das an den von Sutherland verehrten Tom Petty erinnert.
Und ein richtig gutes Lied ist Kiefer Sutherland mit "County Jail Gate" gelungen: Da besingt ein zu lebenslanger Haft Verurteilter den Klang des zufallenden Gefängnistores und die Verzweiflung, die er damit verbindet. Sutherland weiß, wovon er dichtet, schließlich saß er selbst schon drei Mal im Knast. "Dieses Geräusch löst etwas in mir aus, eine Mischung aus Scham, Demut und Ärger über mich selbst", sagte er in einem Interview. "Wenn du dieses Geräusch hörst, weißt du, dass es kein Zurück mehr gibt: Du gehst in den Knast."
Schlägereien, Abstürze und Alkohol
Sutherland profitiert als Songwriter auch sonst von einem gelebten Leben, und vor allem von dessen Tiefen. Country-Musik lebt von ihren Geschichten, vor allem den unglücklichen, und da kann er auf einen reichen Erfahrungsschatz zugreifen, blickt er neben dem Filmruhm doch auch auf Schlägereien zurück, auf Abstürze und den ewigen Kampf mit dem Alkohol. Schnaps spielt in vielen seiner älteren Songs eine Rolle, zum Beispiel in der tollen Ballade "Not Enough Whiskey".
Am Mittwoch live in München
Die klang bei seinem Münchner Debüt im Technikum 2017 prima, und das ganze Konzert war zwar nicht weltbewegend, aber unterhaltsam. Zumal sich der Hollywood-Star in zweiter Generation auf die Regeln des Showbusiness versteht und auch kurzweilig erzählte, unter anderem von seinem Vater Donald Sutherland. Seine sonore Sprechstimme klang dabei deutlich eindrücklicher als die höhere Singstimme.
Aber live, auch diesmal im Backstage, ist das ja kein Problem: Da erlebt das Publikum anders als auf den Alben nicht nur den spätberufenen Musiker, sondern auch den leibhaftigen Hollywoodstar, und zwar aus nächster Nähe.
Live am Mittwoch um 20 Uhr im Backstage Werk, Karten unter Telefon 54818181 "Bloor Street" ist bei Cooking Vinyl/Indigo erschienen.
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