Kevin John Edusei dirigiert Adams und Bruckner

Herkulessaal: Kevin John Edusei dirigiert die Münchner Symphoniker: John Adams und Anton Bruckner
von  Michael Bastian Weiß
Kevin John Edusei hat die Münchner Symphoniker zu Höchstform gebracht.
Kevin John Edusei hat die Münchner Symphoniker zu Höchstform gebracht. © Marco Borggreve

Mit dem Etikett „Minimalismus“ war John Adams’ Musik nie treffend beschrieben. Das Violinkonzert von 1994 etwa ist nicht nur aufwändig instrumentiert, sondern lässt auch eine leicht fassliche Melodik und üppige Harmonik hören, die niemandem wehtut. Eher könnte man von einer publikumsfreundlichen Einfachheit mit einem Touch New Age sprechen. Diese kommt durch die konstante Wiederholung einander ähnlicher, regelmäßiger Gesten zustande, die den Hörer in einen meditativen Status einlullt, aber doch abwechslungsreich genug gestaltet ist, um ihn nicht einzuschläfern.

Der Violinsolist ist in diesem ausgreifenden Stück fast die ganze Zeit beschäftigt und so ist es nachvollziehbar, dass der junge Amerikaner Chad Hoopes nicht auswendig spielt. Leider ist der Notenständer so großflächig, dass er effektiv einen Schalldämpfer darstellt. Es ist schade, dass Hoopes diskreter, schön feinsinniger Ton mit seinem schnellen Vibrato sich somit im Herkulessaal nicht voll entfalten kann. Doch im Ganzen setzt sich Hoopes' geschmackssicheres Spiel durch, vor allem durch Klarheit und Deutlichkeit, und es gelingt ihm sogar das Zauberkunststück, innerhalb des Immergleichen des Kopfsatzes doch noch eine vernehmbare Steigerung anzubringen.

Der Chefdirigent der Münchner Symphoniker, Kevin John Edusei, hat sein Orchester nicht nur glänzend einstudiert, er hält seinem Solisten auch den Rücken frei und kann durch seine unaufgeregt seriöse Art bei aller Gefälligkeit den Nimbus des Kunstgewerblichen von der Musik fernhalten. Auch sein Dirigat von Anton Bruckners 4. Symphonie Es-Dur, der „Romantischen“, gewinnt unendlich durch die geradezu majestätische Ruhe, die seine Gesten hervorrufen. Als äußerst sinnvoll erweist sich auch die alte deutsche Orchesteraufstellung, weil sich 1. und 2. Violinen wirkungsvoll antworten können.

Edusei hat keine Angst vor einem knackigen, schweren Blech und einem satten Streicherkörper, der jedoch durch ein differenziertes Vibrato gebändigt wird. Die Holzbläser erfreuen durch ihre Gesanglichkeit. Zwar ist das Niveau in den einzelnen Sätzen nicht gleichmäßig hoch, das Scherzo ist zu knallig musiziert und im Finale erscheinen die Tutti ein wenig gar urwüchsig. Doch gerade der Kopfsatz ersteht in einem einzigen Guss, und der Gesang der Violoncelli im langsamen Satz ist schlichtweg herrlich zu nennen. Eine interessante Deutung und eine beeindruckende Orchesterleistung.

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