Karin Rabhansl zum Tag der Muttersprache: "Wenn jeder gleich redt, wird's langweilig"

AZ-Interview mit Karin Rabhansl: Die Liedermacherin (36) aus dem Landkreis Freyung-Grafenau singt in ihrem Heimatdialekt und auf Hochdeutsch. Ihr fünftes Studioalbum "Rodeo" erscheint diesen Freitag.
AZ: Frau Rabhansl, was ist Ihr liebstes bayerisches Wort?
KARIN RABHANSL: Gschafftln.
Tun Sie das selber gern?
Natürlich!
Haben Sie das auch schon in einem Ihrer Songs untergebracht?
I glaub, Gschafftln hab ich noch nicht untergebracht, aber mir fällt grad noch eins ein: Tuchad find i aa total schee.
Was ist das?
Die Bettdecke.
Der erste eigene Song war auf Hochdeutsch
Ihre Texte sind schon seit Ihrem ersten Album "Mogst schmusn, mia wads wurscht" 2011 in Mundart. War das von Anfang an klar für Sie, dass auf Bairisch getextet wird?
Des kimmt so aus mir raus. So rede ich, wie man hört, das ist meine Muttersprache. Deswegen war es für mich klar, dass ich mich auch in der Sprache, mit der ich in Niederbayern aufgewachsen bin, ausdrücken werde. Es hat gar nix anderes gegeben. Obwohl, der erste Song, den ich jemals überhaupt geschrieben habe, der war auf Hochdeutsch, weil ich schon immer viel deutschsprachige Indie-Musik gehört hab. Aber dann hab ich gemerkt, so rede ich ja gar nicht.
"Ich kann ein gepflegtes Bairisch sprechen, sodass mich jeder versteht"
Haben Sie Hochdeutsch richtig gelernt?
Ich kanns immer no ned. Aber ich wohne jetzt seit zwölf Jahren in Nürnberg und kann ein gepflegtes Bairisch sprechen, sodass mich jeder versteht, auch in Hamburg und Kiel.
"Bairisch ist weicher, das hat eine total schöne Melodie"
Gab's da bei Ihren Auftritten nie Verständigungsprobleme?
Naa!Die Leute finden das zwar immer total lustig, den Dialekt zu hören, aber mit Händen und Füßen hab ich mich noch nie verständigen müssen.
Sie mögen also Bairisch auch einfach lieber?
Ich finde beides spannend. Auf Bairisch lässt es sich besser grantln, es ist weicher, ähnlich wie das Englische mit seinen weichen Konsonanten, das hat eine total schöne Melodie. Es gibt Lieder von mir, wie den "Schaufema" auf dem neuen Album, das würde auf Hochdeutsch nie funktionieren. Die "Übersetzung" liest sich so bescheuert. (lacht) Auf der anderen Seite ist Hochdeutsch klarer, genauer und härter. Das hat auch seinen Reiz. Und da ich mich musikalisch auch nicht so gern festlege, finde ich es auch gut, mich in den Sprachen nicht so festzulegen.
"Du kannst auch im Dialekt ernste Texte mit Tiefgang rüberbringen"
Wird man als Mundartmusikerin genauso ernst genommen wie diejenigen, die hochdeutsche Texte haben?
Natürlich gibt es Vorurteile und man wird, sobald man im Dialekt singt, gleich in der lustigen, volkstümlichen Ecke verortet mit Dirndl und Lederhosn. Mein erklärtes Ziel ist seit Jahren zu zeigen, dass es auch anders geht: Du kannst auch im Dialekt ernste Texte mit Tiefgang rüberbringen. Bands wie "Dreiviertelblut" zeigen das ja in Perfektion, wie es gelingt.
"Du singst total schön, aber ich versteh kein Wort"
Hat es auch Vorteile, wenn man in der eigenen Mundart singt, verbindet das mehr mit dem Publikum?
Da muss ich wieder an Hamburg denken, das sind immer wahnsinnig schöne Konzerte, die Leute sind total offen und finden das spannend. Ich erzähle dann halt vor einem Mundartsong, worum es geht, und dann ist ja letztlich auch die Musik einfach die Sprache. Wenn du etwas Trauriges oder Schönes spielst, ist das schon eine Sprache für sich. Dann erschließt sich der Text auch. Einer hat mal zu mir in Bremerhaven gesagt: "Du singst total schön, aber ich versteh kein Wort." Mei, da müssen sie durch. (lacht)

Kann bayerische Musik dafür sorgen, dass der Dialekt nicht ausstirbt?
Auf jeden Fall. Irgendwann sind alle Dialekte weg, wenn wir nicht aufpassen, aber ich finde es total besonders und spannend, dass wir allein in Bayern, eigentlich in ganz Deutschland, so viele unterschiedliche haben. Die sollten bewahrt werden. Wenn jeder gleich spricht, wird's langweilig. Da kann man mit Musik schon beitragen. Ich gebe zum Beispiel Musikunterricht. Eine Schülerin hat ein Lied von mir entdeckt und mir vorgesungen - auf Niederbairisch, obwohl sie ja aus dem tiefsten Franken kommt. Das ist total cool! Oder wenn Bands wie "LaBrassBanda" in Dänemark auftreten und so das Bayerische in die Welt weitertragen.
"Der Franke geht immer eher vom Negativen aus"
Sie leben in Nürnberg. Könnte man als Niederbayerin quasi auch fast als Ausland bezeichnen, oder?
Ach, naa. Verständigungsprobleme gab's da nie. Was aber am Anfang total lustig war für mich: Der Franke an sich geht immer eher vom Negativen aus. Er sagt nach einem Konzert zur Begleitung, die den ganzen Abend getanzt und mitgesungen hat: "Hat dir nicht gefallen, gell". Das ist ein Schutzmechanismus. Oder beim Bäcker, da sagen sie: "Ich hätte gern diese Torte, aber die habt ihr eh nimmer gell". Und wenn es die dann doch noch gibt, dann freuen sie sich. Aber mei, der Niederbayer ist ähnlich drauf, von dem her passt das ganz gut zusammen für mich. Ich mag auch den fränkischen Dialekt sehr gerne. Aber selber kann ich's nicht und ich lern's auch nicht. I schmatz, wie i schmatz und so is' guad.
Das neue Album: "Musikalisch wird es wieder sehr rockig und härter"
Wie stehen Sie dann zu vermeintlichen Dialektsprechern im Fernsehen?
Da ärgere ich mich schon auch, das ist ja oft total affig. Ich bin auch kein Fan davon, wenn mich jemand nachäfft oder versucht, meinen Dialekt nachzumachen, das mag ich gar nicht. Jeder soll das machen, was er kann, genauso wie in der Musik.
Diese Woche erscheint Ihr neues Album - mit Texten auf Bairisch und Hochdeutsch. Was erwartet die Hörerinnen und Hörer inhaltlich?
Die Klammer ist der Ritt des Lebens. Es geht um Gestalten, die wackeln und zögern. Musikalisch wird es wieder sehr rockig und härter. Ich hab eine super Band am Start, wir hatten superschöne Aufnahmesessions und haben unser ganzes Herzblut reingesteckt. Bei den ersten Konzerten jetzt haben es die Leute schon sehr gut angenommen, haben getanzt und hatten Spaß und gute Laune. Und das ist ja das Wichtigste, find' ich.
Karin Rabhansl tritt mit ihrer Duopartnerin Julia Fischer als "Fischer und Rabe" am 8. März im Wombats-Hostel im Werksviertel und am 9. März im Wombats-Hostel am Hauptbahnhof auf, jeweils um 20 Uhr (Eintritt frei). Ihr Album "Rodeo" ist ab Freitag erhältlich.