Jung bleiben mit dem Sugar Baby im Circus Krone

Auf Abschieds-Tour: Peter Kraus macht aus seinen Fans im Circus Krone wieder verliebte Teenager.
von  Philipp Seidel
Der Hüftschwung funktioniert noch: Peter Kraus.
Der Hüftschwung funktioniert noch: Peter Kraus. © Agentur Schneider-Press / Erwin Schneider

München - Er könnte mit seinen 77 Jahren immer noch Werbung für figurbetonte Jeans machen. Und lässt manchen halb so alten Bühnenstar wirklich alt aussehen: Peter Kraus brauchte am Dienstagabend nur wenige Minuten, um aus seinen vornehmlich reiferen Anhängern wieder verliebte Teenager zu machen.
Die Fans im nahezu ausverkauften Halbrund des Circus Krone sind mit ihm jung geblieben. Und sie feiern den Sänger, Schauspieler und Entertainer wie einen alten Bekannten. Auf dem Nachbarsitz vollbringt ein Herr („Der Peter Kraus ist mein Jahrgang“) das Kunststück, im Sitzen zu tanzen. Dadurch bringt er die ganze Klappstuhlreihe zum Wippen, was aber niemanden stört, weil ohnehin alle dezent im Rock-Rhythmus mitgehen. Im Saal spielt sich eine dreistündige (!) kontrollierte Ekstase ab.

„So wie ein Tiger“ beginnt als Bierzelt-Schunkelnummer

Und Peter Kraus gibt ihnen allen Grund dazu. Er kokettiert immer wieder mit seinem Alter, legt dann aber so leichtfüßig seine Tanzschritte und Hüftschwünge hin, dass man neidvoll staunt. Das vom Publikum gewünschte Lied „So wie ein Tiger“ beginnt zu Bierzelt-Schunkelmusik – als „Seniorenversion“, wie Kraus sagt. Er bremst seine fabelhafte Band, die bei dem Stück richtig loslegen will, immer wieder spielerisch ein – um dann voll aufzudrehen: schnell gespielter, schnell gesungener Rock’n’Roll. Der Saal tobt!

Auf einer Leinwand über der Bühne laufen Filmausschnitte aus Wirtschaftswunderzeit-Fernsehshows; Nostalgie flirrt an diesem Abend immer mit. Anders als die meisten seiner Kollegen kann Peter Kraus hier vollständig auf eigene Werke zurückgreifen: Seine Karriere begann mit der Verfilmung von Erich Kästners „Fliegendem Klassenzimmer“ von 1954. Es folgten zahllose weitere Filme in den nächsten Jahrzehnten. Mit Conny Froboess war er das junge Schlagerfilm-Traumpaar „Conny und Peter“.

Auf der Bühne wurde Peter Kraus zum „deutschen Elvis Presley“. Dem King huldigte er am Dienstag auch ausgiebig mit einem Medley, das mit „Viva Las Vegas“ endete – und das Publikum erneut toben ließ. Gar kein Halten mehr war dann freilich bei „Sugar Sugar Baby“: Eine Reihe weiblicher Fans lief vor die Bühne und himmelte den Altrocker auf Armlänge an. Am Rand wurde vorsichtig getanzt.

Auch vom Album „Zeitensprung“ (2014) gab es einige Kostproben: Kraus hat darin einige Stücke von aktuellen deutschen Künstlern wie Rosenstolz oder Marteria im Rockstil nachgespielt – auch sie kamen gut an.

Bewegender musikalischer Abschied

Und weil auch Rock’n’Roller Gefühle haben (und mal durchschnaufen müssen), gab es natürlich auch Schmelz und Schmalz. Bei Liedern wie „Mit 17“ oder „Wenn Teenager träumen“ – großes Hach! im Saal. Bewegend war der musikalische Abschied von seinem langjährigen Show-Kollegen Udo Jürgens. Bewegend, mit großer Geste vorgetragen auch das Lebens-Rückschau-Lied „Sag niemals nie“.

Eigentlich sollte dieser Auftritt Teil seiner Abschieds-Tournee sein. Aber so ganz ohne sein Publikum, sagt Kraus, kann er sich das Dasein dann doch nicht vorstellen. „Ich werde mich von Zeit zu Zeit bemerkbar machen.“

Das Publikum nahm das Versprechen dankbar auf. Und sang beim letzten Lied, dem sehr stillen Walzer „Schwarze Rose, Rosemarie“ so unendlich andächtig mit, dass der Circus Krone zur geweihten Kraus-Kapelle wurde.

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