Joy Denalane: Motown-Soul aus Unterföhring
Die wunderbare Sängerin Joy Denalane ist am Freitag nicht mit Band, sondern mit den fünf Kammermusikern von "Mikis Takeover! Ensemble" rund um Geiger Miki Kekenj in München.
AZ: Frau Denalane, Ihr neues Album "Let Yourself Be Loved" hat einen üppigen Soulsound, bei dem die Rhythm Section eine zentrale Rolle spielt. Klingt's mit dem kammermusikalischen Ensemble im Vergleich nicht etwas dünn?
JOY DENALANE: Nein. Es ist ein völlig anderes Gewand. Ich glaube nicht an das Separieren von klassischer und Popmusik. Das Kammerensemble spielt sehr rhythmisch - und zwar auf den Punkt. Kontrabassist Max Dommers ist extrem wichtig, er hält alles zusammen.
Sie zelebrieren den Soulsound der späten Sechziger und frühen Siebziger.
Weil ich diese Musik liebe, mit ihr aufgewachsen bin und sie in meinem Leben durchgängig eine Rolle gespielt hat. Und weil die Songs, die ich geschrieben habe, genau nach diesem Stil verlangt haben. Manche Künstler wissen von vornherein genau, wo sie hinwollen. Ich wollte dagegen mit bestimmten Leuten zusammenarbeiten und schauen, was dabei rauskommt. So bin ich nach New York gegangen und habe mit zwei Textern und einem Produzententeam diese Songs geschrieben. Sie waren sehr soulful und brauchten ein entsprechendes Gewand. Und da ging das Problem los.
"Soulmusik ist nicht so einfach nachzubauen"
Wieso?
Soulmusik nach meinem Verständnis ist nicht so einfach nachzubauen. Man braucht Menschen, die diese Musik von innen nach außen aufgenommen haben. Die Produzenten, mit denen ich damals gearbeitet habe, waren super und haben etwas Tolles angeboten - aber es war nicht, wonach ich gesucht habe. Mir hat etwas gefehlt, aber ich konnte nicht erklären, was. Ich habe deshalb erstmal ein anderes Album gemacht, "Gleisdreieck". Erst später bin ich die Soulsongs nochmal angegangen.
Mit dem Münchner Jazzpianisten und Produzenten Roberto Di Gioia.
Und das war genau der Typ, der diese Musik schon immer gelebt hatte!
Der Motown-Sound der Ära wird auf der Platte auf sensationelle Weise nachgebildet. Hätten Sie das in Unterföhring für möglich gehalten?
Ich habe mir über Unterföhring zuvor gar nicht so viele Gedanken gemacht. Roberto Di Gioia hat extrem viel zu Hause vorbereitet und ist dann mit Toningenieur Jan Krause in dessen Unterföhringer Studio gegangen. Dort habe ich auch meine Vocals aufgenommen. Das war die schönste, harmonischste Aufnahmezeit meines Lebens und eine ganz intensive nonverbale Zusammenarbeit mit Jan Krause. Er hat selten etwas gesagt, aber wenn, dann war es sehr wichtig. Und er hat eine große Ruhe ausgestrahlt.
Singt eine Sängerin wie Sie nicht ohnehin beim ersten Versuch perfekt?
Mit diesem Mythos räume ich auf! Mein Selbstbewusstsein ist nicht so ausgeprägt, dass ich ins Studio komme und sage: Erster Take und das war's! Ich mache meistens acht bis zehn Takes, und dann geht's ans Editieren. Die Arbeit war mit Jan Krause sehr angenehm, und in Deutschland ist das gar nicht so weit verbreitet.
"Ein toller Beatmaker kann ein schrecklicher Vocal-Producer sein"
Inwiefern?
Oft nimmt der Produzent auch die Vocals auf, dabei sind das ganz unterschiedliche Spezialbereiche. Ein toller Beatmaker kann ein schrecklicher Vocal-Producer sein. Und ein toller Vocal-Producer muss wiederum keine Ahnung von Musikproduktion haben. In Deutschland wird das oft in einen Topf geworfen. Dann sind die Producer genervt, lassen einen alleine - oder sie überperformen und meinen, zu jeder Aufnahme etwas sagen zu müssen.
Das Album ist beim legendären US-Label Motown erschienen, das inzwischen zu Universal gehört. Was bedeutet Ihnen das?
Wow! Roberto Di Gioia, Jan Krause und ich haben einfach gemacht, was wir tun wollten, sind unserem eigenen Traum gefolgt. Dann hat jemand von meiner Plattenfirma gefragt, ob er das Album mal mit nach Amerika nehmen kann. Ich sagte: Tu Dir keinen Zwang an. Bei Motown waren sie ganz begeistert, weil sie ihre eigene DNA erkannt haben, und wollten das Album herausbringen.
Ihre nächsten Alben erscheinen auch bei dem Label. Was planen Sie diesmal?
Es bleibt sehr soulful, aber es wird diesmal nach den späten Siebzigern klingen.
Welche Musiker haben Sie für den Soul begeistert?
Wo soll ich anfangen? Sam Cooke, Aretha Franklin, Chaka Kahn, Stevie Wonder, Ray Charles, Lamont Dozier, Earth, Wind & Fire, Sister Sledge… Ich gehe gerade im Kopf die riesige Plattensammlung meines Vaters durch, die war gespickt mit Soul, Funk und Jazz. Da habe ich auch Michael Jackson entdeckt. "Off The Wall" hat mich schon fasziniert, bevor ich lesen konnte - wegen der leuchtenden Socken auf dem Cover. Daraufhin habe ich die Platte aufgelegt, und das hat mein Verständnis von Popmusik für immer geprägt.
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