Joseph Bastian springt kurzfristig für Robin Ticciati ein
Durch kurzfristiges Einspringen kann man berühmt werden. Die erstaunlichsten Karrieren haben so begonnen. Am Donnerstag, Freitag und Samstag hat Joseph Bastien diese Chance. Er spielt Bass-Posaune im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Er übernimmt mit leicht verändertem Programm drei Konzerte im Gasteig, die der Brite Robin Ticciati nach der ersten Probe absagen musste.
AZ: Herr Bastien, Sie haben offenbar sehr gute Nerven.
JOSEPH BASTIEN: Vor der ersten Probe war ich wahnsinnig nervös. Aber ich habe das Glück, mit extrem netten Kollegen zu arbeiten. Und meine erste Probe am Dienstag hat sehr gut funktioniert.
Wann hat Robin Ticciati denn abgesagt?
Er musste am Montag die Probe wegen eines akuten Problems mit der Bandscheibe abbrechen. Am Abend hat mich unser Orchestermanager Nikolaus Pont gefragt, ob ich verrückt genug wäre, für Ticciati einzuspringen.
Seit wann dirigieren Sie?
Ich leite seit fünf Jahren das Abaco-Orchester der Universität München und habe auch schon das Züricher Tonhalle-Orchester dirigiert. In den letzten Jahren habe ich das Landesjugendorchester für Konzerte mit Mariss Jansons oder Daniel Harding vorbereitet und die Aufführung einer Kammerfassung von Mahlers Vierter mit den Akademisten geleitet. Außerdem habe ich das Symphonieorchester bei einer Anspielprobe in Luzern dirigiert. Dabei haben mir die Kollegen bestätigt, dass sie gut finden, was ich mache.
Haben Sie damit gerechnet, in dieser Rolle wieder vor den Kollegen zu stehen?
Ich habe mir gedacht: Wenn ich eine Chance bekomme, dann wird das sein, wenn ein älterer Dirigent wie Stanislaw Skrowaczewski oder Mariss Jansons plötzlich absagen muss. Deshalb bin ich schon überrascht: Robin Ticciati ist einer unserer jüngsten Gastdirigenten.
Hatten Sie sein Programm drauf?
Ich bin jetzt nicht so gut vorbereitet, wie ich es normalerweise bei einem Konzert wäre. Zwei Stücke sind komplett neu für mich: Alban Bergs Altenberg-Lieder und die Enigma-Variationen von Edward Elgar. Am Samstag, nach dem letzten Konzert, kenne ich sie dann.
Aber es gibt auch Änderungen.
Jörg Widmanns „Liebeslied“ und Schumanns „Manfred“-Ouvertüre haben wir durch die Serenade Nr. 2 von Brahms ersetzt, die ich vor ein paar Jahren schon einmal dirigiert habe.
Was ist schwieriger: Berg oder Edward Elgar?
Es ist immer heikel, Lieder zu begleiten, weil der Sänger atmen muss. Die Altenberg-Lieder sind sehr kompliziert. Man muss die richtige Klangbalance finden. Es ist deshalb das schwierigere Stück. Die Enigma-Variationen kennt das Orchester besser.
Die meisten Dirigenten kommen vom Klavier oder der Geige – Sie von der Posaune.
Silvain Cambreling war Bass-Posaunist im Orchester von Lyon. Er sprang ähnlich kurzfristig bei Strawinskys „Le sacre du printemps“ ein – ein ziemlich heftiges Stück. Auch Herrmann Bäumer, der Generalmusikdirektor von Mainz, war früher Posaunist. Da bin ich in guter Gesellschaft.
Und Sie haben Kurse bei Jorma Panula hinter sich, einem berühmten Dirigierlehrer.
Er ist eine sehr pragmatische Person. Bei ihm wird nicht viel über Musik geredet. Da geht es zurück zu den Grundlagen, über die man sonst nicht nachdenkt.
Gasteig, Do., Fr., Sa., 20 Uhr. Restkarten an der Abendkasse