José James: Wortballerndes Bürschchen
Jazz und HipHop – José James zeigt im Ampere, dass der problematische Mix prima funktioniert.
MÜNCHEN - Alle Jahre wieder wird der goldene Zusammenschnitt aus Jazz und Hip Hop postuliert. Alle sind darüber ganz aufgeregt. Und dann folgt meistens: nichts. Jedenfalls nichts, was dem Anspruch des einen und der Hipness des anderen Genres dauerhaft entspräche.
Bei José James, dem zur Zeit vielleicht angesagtesten Sänger aus der Grau- und Überlappungszone von Soul, HipHop und Jazz, ist das endlich und Gott sei Dank mal ganz anders. Da biedert sich der gute alte Jazz nicht beim jüngeren HipHop an. Und da strebert der HipHop nicht nach der verhirnten Intellektualität, die viele mit dem Jazz verbinden.
Da steht einfach ein Sänger auf der Bühne des Ampere, der authentisch in beiden Genres zu Hause ist: Ein Jay-Z mit Jazzstimme und schief aufgesetzter Baseballkappe, der seinen eigenen Gesang mit Handbewegungen unterlegt, wie man sie von Rappern kennt. Und der über gut zwei Stunden zu Höchstform aufläuft, obwohl ihn eine üble Erkältung plagt, bei der andere das Konzert längt abgesagt hätten. José James kippt sich einfach einen Tee nach dem anderen ins System und vertraut ansonsten auf die Selbstheilungskräfte eines je länger desto besseren Konzerts, bei dem sich Musik und Publikum gegenseitig aufputschen.
Stimmlich und stilistisch ist José James so vielseitig, dass eigentlich drei Sänger in diesem spindeligen Bürschchen stecken: Ein Jazzsänger, der wie ein Instrumentalist zu scatten und zu improvisieren versteht und manchmal so viele Wörter in einen Takt hineinwuselt wie einst der frühe Al Jarreau. Ein Soulsänger, der mit einem fantastischen Bill Withers-Medley seinem Vorbild alle Ehre macht. Und ein Spoken Word- und Rap-Artist, der mit Worten und Sätzen wie mit Bällen jongliert.
Dazu blubbert und brodelt das Fender Rhodes von Kris Bowers fröhlich wie eine besoffene Gospelorgel vor sich hin, Richard Spaven spielt Grooves, die er in Echtzeit gleich wieder zu Break Beats verhackstückt, während Bassist Solomon Dorsey ganz, ganz tief in den Eingeweiden dieser Musik herumwummert. Am jazzigsten aber klingt Takuya Kuroda an der Trompete, der das spannend vor sich hinköchelnde „Do You Feel“ mit seinem Solo grandios zum Überkochen brachte.