Jonas Kaufmann: Er lässt partout nichts aus

Auf seinem neuen Album "L'Opéra" begibt sich Münchens Starttenor Jonas Kaufmann auf schwieriges Terrain - nach Frankreich.
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Mindestens das Gold der Logen glänzt beträchtlich, und der rote Samt leuchtet: Jonas Kaufmann in der Opéra Garnier in Paris.
Sony Mindestens das Gold der Logen glänzt beträchtlich, und der rote Samt leuchtet: Jonas Kaufmann in der Opéra Garnier in Paris.

Der Hype um ihn ist gewaltig. Für München gilt das in besonderem Maße. Hier wurde Jonas Kaufmann geboren, und umso größer ist sein Fanclub. Wer ein allzu kritisches Wort über den Tenor verliert, dem droht die Steinigung. Gleichwohl ist auch bei ihm nicht alles Gold, was glänzt, und dies offenbart auch sein neues Album. Unter dem recht banalen Titel "L'Opéra" vereint es Arien aus dem französischen 19. Jahrhundert, begleitet vom Bayerischen Staatsorchester unter Bertrand de Billy.

Mit dieser Sammlung setzt Kaufmann seine discografische Weltreise fort. Sie führte ihn bereits durch die deutsche Romantik und nach Italien. Und jetzt eben nach Frankreich: Denn wie andere Sänger ist auch Kaufmann der Meinung, er könne alles singen. Sicher ist, dass er den spezifischen Klang der französischen Sprache stilsicher einfängt. Es ist den Arien anzuhören, dass er sich ernsthaft mit der Diktion und Artikulation auseinandergesetzt hat.

Dabei offenbart der "Werther" von Jules Massenet, wie sehr die historische Aufnahme mit Georges Thill aus dem Jahr 1931 zum Vorbild avancierte. Dies betont auch Kaufmann im Beiheft. Indessen macht die "Werther"-Arie "Pourquoi me réveiller, ô souffle du printemps?" auch hörbar, wie sehr sich seine Stimme in den vergangenen Jahren verändert hat. Schon in der Kaufmann-Box "It's me" (Decca) ist diese Arie vertreten. Heute klingt es in der zarten Höhe matter.

Mit einer Stimmkrise hat das gar nichts zu tun: Seit der Umstellung 1996 zum baritonal gefärbten Tenor wurde dies zusehends zum Merkmal seines Timbres. Für Kaufmann waren der "Werther" sowie die ebenfalls vertretene "Carmen" von Georges Bizet die Türöffner für die große Bühne Frankreichs. Generell ist die Auswahl der Arien sehr persönlich, weil sie zentrale Stationen seiner Laufbahn nachvollzieht.

So markierte seinerzeit die Brüsseler Produktion der "Damnation de Faust" von Berlioz 2002 die erste Zusammenarbeit mit dem großen Dirigenten Antonio Pappano. Zehn Jahre später sollte Kaufmann unter Pappano in London die Partie des Énée gestalten, aus "Les Troyens" von Berlioz. Dieses Projekt konnte der Sänger nicht realisieren, dafür jetzt die große Szene "Inutiles regrets!".

Das Staatsorchester wuchert förmlich mit Klangfarben

Auch die Partner wurden für die CD sorgsam ausgewählt. Mit dem Bariton Ludovic Tézier singt Kaufmann das Duett "Au fond du temple saint" aus den "Perlenfischern" von Bizet, und die Sopranistin Sonya Yoncheva begleitet ihn bei den Duetten aus Massenets "Manon". Beide zählen zu den bevorzugten Duo-Partnern von Kaufmann. Als Student in den Zwanzigern hatte er schließlich den Mylio aus "Le Roi d'Ys" von Éduard Lalo gesungen. Dies war seine allererste Begegnung mit der französischen Oper.

Es ist löblich, dass Kaufmann auch diese Opernrarität dokumentiert. Damals aber als Student hatte er noch eine helle, leichte Höhe. Leider fehlt sie ihm heute, und dies ist das zentrale Dilemma der CD. Im Forte entwickelt Kaufmann eine unerhört strahlende, dramatische Präsenz. Wo jedoch im stillen, zarten Piano ein filigraner Klangzauber glitzern sollte, bleibt es etwas gepresst. Die feine Höhe strengt ihn an, und im gaumigen Timbre kann sich die nuancenreiche Luzidität kaum entfalten.

Ob Charles Gounod ("Romeo et Juliette") und Jacques Offenbach ("Hoffmann"), Giacomo Meyerbeer ("L'Africaine"), Fromental Halvévy ("Die Jüdin") oder Ambroise Thomas ("Mignon"): Stets erhärtet sich dieser Eindruck. Das ist umso bedauerlicher, als das Bayerische Staatsorchester unter de Billy im Piano überaus klangsinnlich agiert. Hier werden Kaufmann überreiche Klangfarben geboten, die er leider kaum aufgreift.

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