John Eliot Gardiner dirigiert Chabrier und Debussy

Wo bleibt das Prickeln? John Eliot Gardiner dirigiert Chabrier und Debussy mit dem BR-Symphonieorchester in der Philharmonie
Robert Braunmüller |
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Der Dirigent und Chorleiter Sir John Eliot Gardiner.
Sheila Rock Der Dirigent und Chorleiter Sir John Eliot Gardiner.

Emmanuel Charbiers „España“ habe ich durch René Leibowitz kennengelernt. Arnold Schönbergs französischer Prophet hat dieses kurze Stück um 1969 mit dem Orchestra Filarmonica di Roma aufgenommen – spritzig wie trockner Champagner. Am Donnerstag klang das Stück im Gasteig wie eine lauwarmer Sekt aus dem VEB Rotkäppchen. Weil das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks fraglos technisch besser drauf ist wie ein obskures italienisches Orchester vor über 50 Jahren, kann es nur am Dirigenten gelegen haben.

Der hieß John Eliot Gardiner. Die Kompetenz dieses verehrungswürdiger Bach-Interpreten für französische Musik ist unbestreitbar – und nicht nur mit seinen eigenen Ensembles wie dem Orchestre Révolutionnaire et Romantique. Mit dem BR-Symphonieorchester hat er etwa „Harold in Italien“ von Berlioz exemplarisch aufgeführt. Und man fragt sich: Ist es wirklich so schwer, „España“ zu dirigieren? Bei Leibowitz klingt das Stück, wie eine langsam heiß laufende und zuletzt explodierende Spieldose. Der Witz entsteht durch das strikt durchgehaltene Tempo und explodierende Tutti-Einsätze.

Keine Gestaltung

All dies ließ Gardiner verpuffen. Er waltete den ganzen Abend lang wie ein überforderter Provinzkapellmeister seines Amtes, ohne die Musik irgendwie zu gestalten. Schon am Anfang des Konzerts ihm mißlang die Ouvertüre zu Chabriers Oper „Gwendolyne“. Da wurde am Ende ein Thema vom vollen Orchester im Grandioso geschmettert – aber ohne jene Leichtigkeit, Transparenz und Schlankheit, auf die ein Dirigent bei französischer Musik achten sollte. Nicht im Konzert, aber bei den Proben.

Bei der „Fête polonaise“ wähnte man sich kurz in einem halbwegs witzigen Faschingskonzert. Nach der Pause gab es als Hauptwerk die drei „Images“ von Claude Debussy. Dank der hervorragenden Musiker nicht wirklich schlecht. Aber ungeformt vom Dirigenten, ohne Liebe zur Gründlichkeit und frei von jeder Freude an den Klangeffekten. So lustlos, wie Gardiner dirigierte, wurde die Aufführung auch vom Publikum aufgenommen. Französische Orchestermusik hat es in Deutschland immer schwer. Mit solchen Konzerten tut man ihr keinen Gefallen.

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