Jörg Widmann dirigiert Mozart
Am Ende der vergangenen Spielzeit dirigierte Jörg Widmann im Prinzregententheater eine Siebte von Beethoven, bei der die Fetzen nur so flogen. Das ließ, zumal in einer mit dem Motto "Furor" überschriebenen Saison, bei einem Mozart-Programm am gleichen Ort einen jener Geschwindigkeitsrekorde befürchten, die derzeit bei diesem Komponisten in Mode sind.
Aber Widmann und das Münchener Kammerorchester sind immer für eine Überraschung gut. Am Beginn der Symphonie g-moll KV 550 arbeitete der Dirigent den Kontrast zwischen der nervösen Streicherfigur und dem schroffen Tutti heraus. Die ersten Sforzati brachten noch einmal eine Verdichtung des Klangs. In der Durchführung spitzte sich das Geschehen zu. Bei einer ähnlichen Stelle im Finale ließ Widmann das Orchester besonders barsch und ruppig spielen.
Mozart ist für Widmann ein Dramatiker, aber kein Hysteriker. Der Komponist und Dirigent arbeitete Entwicklungen und rhetorische Fragen heraus, wenn Streicher und Bläser auf das Tutti des Orchesters antworten. Überhaupt wurde das Sprechende und Dialogische stark betont, was dazu führte, dass die sehr bekannte Musik stets überrascht und nie selbstverständlich dahinplätscherte.
Opera Buffa mit Fuge
Das Menuett der Jupiter-Symphonie war besser als nur in den symphonischen Zusammenhang integriert, im Trio ließen sich Vorklänge auf ähnlich rustikale Stellen bei Bruckner heraushören. Über das sehr schnelle Finale lässt sich streiten: Widmann schien die Fugen-Feierlichkeit vermeiden zu wollen. Für ihn ist der Schluss-Satz eher das Finale einer Opera Buffa - und da passt dann auch mal eine leicht chaotische Stelle wie am Beginn der letzten Steigerung.
Zwischen den beiden Symphonien spielten Yuki Kasai (Violine) und Xandi van Dijk (Bratsche) die Sinfonia concertante KV 364 unter Betonung der elegischen Momente. Auch hier zeichnete sich eine kollegiale Zusammenarbeit zwischen Widmann und dem Orchester ab, von der offenbar beide Seiten profitieren. Er hat als Mozart-Dirigent viel zu sagen, und dass er nicht dem letzten Schrei der Interpretations-Mode nachläuft und trotzdem nicht hinter neuere Standards zurückfällt, kann man nicht genug loben. Denn nichtssagende Routine-Aufführungen dieser Musik sind häufiger, als einem lieb sein kann.