Jörg Widmann als fulminanter Mendelssohn-Dirigent

Jörg Widmann dirigert Mendelssohn und eigene Werke im Prinzregententheater
Robert Braunmüller |
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Jörg Widmann bei einer Probe mit dem Münchener Kammerorchester.
Florian Ganslmeier Jörg Widmann bei einer Probe mit dem Münchener Kammerorchester.

Ihm eilt der Ruf voraus, unser gegenwärtiger Mendelssohn zu sein. Jörg Widmann wandelt auf lichten Höhen und von Erfolgen verwöhnt recht sorglos einher. So ist seine Musik: heutig, aber verdächtig unbeschwert, unangekränkelt von Krisen. Und ein rechter Vielschreiber wie der alte Kollege ist er auch.

Das Münchener Kammerorchester brachte die beiden musikalischen Sonntagskinder im 3. Abo-Konzert zusammen. Skepsis machte sich breit. Denn Widmann, der Virtuose auf der Klarinette und Tausendsassa der Neuen Musik, amtiert neuerdings auch als Dirigent.

Alle Befürchtungen fegten die ersten Takte der Hebriden-Ouvertüre weg. Widmann wählte einen historisierenden Ansatz ohne die Musik-Mehlschwitze des Streicher-Vibratos. Er traf das richtige, stets fließende Tempo. Und so leuchteten nicht nur die Bläser, sondern auch die bewegten Violin-Figuren. Zur Perfektion fehlte nur ein Prozent: Der großen Bogen, der dieses Stück so recht zusammenschließt.

Die Reformationssymphonie

Widmanns „Versuch über die Fuge“ für Sopran, Oboe und Kammerorchester wirkte trotz des hingebungsvollen Einsatzes von Claron McFadden (Sopran) und Stefan Schilli (Oboe) akademisch-frostig. In seinem Orchesterstück „Con Brio“ setzt sich der freundliche Widmann eine Beethoven-Maske auf, hinter der er mehr Ingrimm und Schroffheit als üblich wagt.

Dann die große Überraschung: Mendelsohns „Reformationssymphonie“. Widmann ist zwar kein Pultvirtuose, aber er holte aus dem Münchener Kammerorchester genau das heraus, was er laut Interview im Programmheft an diesem Werk schätzt: den furiosen Ernst des Kopfsatzes, die neckische Heiterkeit des Scherzos, die reine Schönheit des Andantes. Sie kam mit vorsichtig dosiertem Vibrato besonders strahlend heraus. Das Orchester spielte ungewöhnlich knackig, und unter den Bläsern sah (und hörte) man sogar das zur Verdopplung des Kontrafagotts beim Choral „Ein feste Burg“ im letzten Satz vorgeschriebene Serpent.

Mendelssohn kann Widmann dirigieren. Ist er bei anderer Musik des 18., 19. oder 20. Jahrhunderts ähnlich gut? Man will es wissen. Also: Mehr davon.

 

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