Kritik

Isarphilharmonie: Honeck dirigiert Bruckner mit viel Gefühl

Manfred Honeck dirigiert die Symphonie Nr. 8 von Anton Bruckner in der Isarphilharmonie.
von  Robert Braunmüller
Manfred Honeck und die Münchner Philharmoniker.
Manfred Honeck und die Münchner Philharmoniker. © Tobias Hase / mphil

München - Für Valery Gergiev wäre es die Wiederholung dieser schon öfter gespielten Symphonie vor einem Wien-Gastspiel gewesen. 

Honeck: Höchst persönliche Perspektive auf Bruckners Werk

Manfred Honeck hatte weniger Zeit als üblich, um mit den Münchner Philharmonikern Bruckners Achte einzustudieren. Natürlich strömt bei einem solchen Anlass das Adrenalin bei allen Beteiligten stärker.

Aber Honeck, ein auch vom hier schreibenden Rezensenten etwas unterschätzter Dirigent, gelang eine nicht nur schlüssige, sondern auch höchst persönliche Sicht auf den Komponisten und sein monumentalstes Werk.

Ein zwingender Schmerzensakzent zeigt sich

Honeck holte schon gleich am Anfang beim zweiten Thema aus sonst eher als beiläufige Begleitung gespielten Nebenstimmen der Bratschen einen Schmerzensakzent heraus, der absolut zwingend wird. Auch sonst lag der Schwerpunkt von Honecks Interpretation auf einer Emotionalisierung dieser oft eher abstrakt verstandenen Musik. Das klingt dann bisweilen ein wenig nach Dvorak, was aber kein Schaden sein muss.

Hilfreich ist dabei, dass der Dirigent ein einmal gewähltes Grundtempo zwar konsequent durchhält, innerhalb dieses Rahmens die Musik vom Orchester aber frei artikulieren lässt. Auf diese Weise entsteht eine Lebendigkeit, die vielen Bruckner-Aufführungen fehlt. Und Honeck verfällt auch nicht in die erwartbare Unart, in den Steigerungen immer schneller zu werden.

Sehr überzeugende Gesamtdramaturgie 

Die ganz großen Höhepunkte der Symphonie wie der apokalyptische Abbruch im Kopfsatz und die beiden strahlenden Beckenschläge im Adagio ereigneten sich vielleicht eine Spur zu selbstverständlich. Dafür leuchtete Honeck aber die anschließende musikalische Nachbereitung dieser Ereignisse viel deutlicher aus als andere Dirigenten.

Sehr überzeugend gelang auch die Gesamtdramaturgie mit dem eher verhalten genommenen Kopfsatz, dem eher schnellen Scherzo, einem ausdrucksstarken Adagio und einem auf das Ende zu drängenden Finale mit einem strenger durchgehaltenen Tempo.

Münchner Philharmoniker betonen diesen emotionalen Bruckner

Die Philharmoniker unterstützten Honecks Deutung mit ihrem satten Traditionsklang und einem sehr ausdrucksstarken Blech. Die Tuben sorgten dabei nicht für erhabene Bruckner-Feierlichkeit, sondern eher für eine bedrohliche Düsternis.

Dieser emotionale Bruckner ist eine sehr überzeugende Alternative zur überlegenen Gelassenheit, mit der ältere Herren diese Musik bisweilen geschehen lassen. Bei Honeck bekommt diese Musik eine Dringlichkeit, die ihr sonst oft fehlt. Deshalb sollte ein Bruckner-Orchester diesen Dirigenten nicht nur als gern genommenen Einspringer betrachten, sondern möglichst bald herausfinden, ob er bei anderen Symphonien dieses Komponisten ähnlich viel zu sagen hat.


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