Isabel Faust spielt Beethovens Violinkonzert

Schlank und schön: Isabel Faust und das Orchestre des Champs-Élysées Paris mit Beethoven in der Gasteig-Philharmonie
Robert Braunmüller |
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Die 1972 bei Esslingen geborene Geigerin Isabel Faust.
Molina Visuals Die 1972 bei Esslingen geborene Geigerin Isabel Faust.

An Beethovens Violinkonzert kann man leicht verzweifeln. Nicht an der Musik, aber an der Art und Weise, wie 99 Prozent aller Geiger sie spielen: langsam, zäh und elegisch. Als klebrige deutsche Grübelmusik.

Aber es gibt eine Isabel Faust. Die bremst das Allegro ma non troppo nicht zum Andante ab. Das erste Solo spielt sie schlank und schön, in der Lautstärke fein schattiert, aber ohne jede Bedeutungshuberei. Wo ihre Kolleginnen und Kollegen langsamer werden, hält sie das Tempo.

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Ihre Genauigkeit ist kein Selbstzweck und keine Rechthaberei. Es ist eine rundum schlüssige Interpretation, die Beethovens Violinkonzert als freundliches, helles und heiteres Werk versteht.

Gleichgestimmte Partner hatte diese famose Geigerin bei ihrem Auftritt im Gasteig auch: das auf Nachbauten alter Instrumente sehr farbig spielende Orchestre des Champs-Élysées Paris unter Philippe Herreweghe mit seinem wunderbar rohrigen Holzbläserklang und rauschenden Hörnern.

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Der Dirigent variierte das Tempo, aber ebenfalls mit der Tendenz zur Beschleunigung. Die Kadenz des ersten Satzes orientierte sich an Beethovens Klavierversion des Violinkonzerts. Aber Isabel Faust machte keinen vierten Satz daraus. Die Lizenz zu Soli am Ende des zweiten und dritten Satzes nutzte sie ebenfalls. Und als Verbeugung vor der Aufführungstradition gab es auch eine extrem zurückgenommene Grübelstelle im Zentrum des Werks, im Larghetto-Mittelteil.

Als Zugabe spielte die Geigerin einen Ausschnitt aus dem ersten Satz von Mozarts G-Dur-Violinkonzert – das machte Lust auf den Rest und die übrigen Konzerte. Nach der Pause dirigierte Herreweghe Beethovens Fünfte. Natürlich ohne romantisch dräuendes Schicksalsklopfen, sondern eher als extremistische Weiterführung der Wiener Klassik.

Herreweghe, der als Dirigent wie ein zerstreuter Professor wirkt, interpretiert Beethoven nicht ganz so radikal wie John Eliot Gardiner oder Roger Norrington, aber doch unkonventioneller als der philharmonische Durchschnitt. Der Klang ist eher weich und nicht immer ganz trennscharf. Das Scherzo der Fünften lässt Herreweghe weniger barsch und ruppig spielen als seine Kollegen. Auch im Finale wäre etwas mehr revolutionärer Elan denkbar: Da wird die Bastille mehr mit Filzpantoffeln gestürmt als im Parforceritt eingenommen.

Der Lyrismus des Violinkonzerts liegt diesem Dirigenten sichtlich mehr. Aber Beethovens Feuer glühte auch durch diese etwas verhaltene Interpretation.

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