Interview mit dem Dirigenten Andris Poga
Im Herbst 2014 sprang der junge Lette bei der China-Tournee der Münchner Philharmoniker für den kurz davor verstorbenen Chefdirigenten Lorin Maazel ein. Er leitete mehrere Programme mit Werken von Richard Strauss wie der „Alpensinfonie“, „Also sprach Zarathustra“ und den „Metamorphosen“. Als Valery Gergiev durch einen Sturm an der Anreise nach Shanghai gehindert wurde, übernahm Poga auch für ihn. Am Samstag und Montag dirigiert er nun zum ersten Mal das Orchester der Stadt im Gasteig. Auf dem Programm stehen Werke von Wagner und Tschaikowsky.
AZ: Mr. Poga, wie war das, als das Angebot der Philharmoniker kam, die China-Tournee zu übernehmen?
ANDRIS POGA: Ich erhielt eine Mail von meinem Agenten, dass mich die Münchner Philharmoniker als Einspringer ins Auge gefasst hätten. Ich dachte: Eine wunderbare Gelegenheit, eines der besten deutschen Orchester! Aber sonst nahm ich das nicht besonders ernst. Dann kam plötzlich die Bestätigung.
Wie haben Sie sich auf die Konzerte vorbereitet?
Es ist nicht ganz einfach, als junger Dirigent bei einem Orchester mit Stücken zu debütieren, die seine Musiker bestens kennen. Die meisten Tondichtungen von Richard Strauss hatte ich im Repertoire, nur die „Alpensinfonie“ nicht. Aber es gelang mir, das Werk vor dem Gastspiel der Philharmoniker in Peking noch mit dem Lettischen Nationalorchester aufzuführen.
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Wie war die erste Probe mit den Philharmonikern?
Da tasten sich beide Seiten ab. Man muss vorsichtig sein. Orchester testen junge Dirigenten gerne und schauen, wie sie reagieren. Ich fühlte mich bei den Philharmonikern von Anfang an sehr wohl. Ich mag den Spruch von der „richtigen Chemie“ nicht, weil er zu oft benutzt wird. Aber hier trifft er doch zu.
Warum dirigieren Sie die „Rienzi“-Ouvertüre?
Ich finde, dass sie gut zu den „Wesendonck-Liedern“ und der Vierten von Tschaikowsky passt. Dieses Stück war mein Wunsch als Lette und gebürtiger Rigaer: Wagner begann die Komposition dieser Oper in meiner Heimatstadt, wo er von 1837 bis 1839 als Kapellmeister am Theater wirkte.
Macht es wirklich Spaß, ein so oft gespieltes Werk wie Tschaikowskys Vierte einzustudieren?
Ich dirigiere diese Symphonie in jeder Saison drei oder vier Mal. Trotzdem finde ich immer etwas Neues darin, auch wenn die Grundlinien der Interpretation gleich bleiben. Bei Proben zu jedem Repertoirestück spürt man frühere Einstudierungen – schon deshalb, weil sich die Musiker bestimmte Nuancen des Tempos und der Lautstärke in ihre Stimmen eintragen. Vieles von dem, was mir angeboten wird, übernehme ich. Eine gute Aufführung entsteht immer durch die Mischung aus Erfahrung und neuen Ideen.
Warum kommen so viele gute Musiker aus Lettland?
Ich weiß, es ist gerade eine lettische Woche: Am Donnerstag und Freitag dirigierte Mariss Jansons im Gasteig, nun bin ich bei den Philharmonikern dran. Aber Letten dirigieren nicht nur: Wir haben auch gute Instrumentalisten wie die Geigerin Baiba Skride. Auch in Orchestern auf der ganzen Welt spielen viele Landsleute – wie etwa der Solo-Kontrabassist der Berliner Philharmoniker. Woran liegt das? Wir haben eine sehr gute Musik-Ausbildung – eine Hinterlassenschaft aus der Zeit, als Lettland Teil der Sowjetunion war. Ich hoffe, dass Reformen das nicht kaputt machen.
Gasteig, Samstag, 19 Uhr, Montag, 20 Uhr; Restkarten an der Abendkasse