Ina Müllers Freund, Joe Cockers Vorgruppe?

Der deutsche Songwriter Johannes Oerding emanzipiert sich, nimmt sich Zeit für Fans und kommt in den neuen Münchner Club Strøm
von  Christoph Forsthoff

Erwachsen? „Nein, für mich fühlt sich es an, als ob ich immer noch Newcomer bin“, stellt Johannes Oerding nachdenklich fest. Dabei ist er 31 und hatte bereits zu Schulzeiten seine erste Band. Doch wer als Künstler erwachsen ist, kommt irgendwann an den Punkt, wo man sich fragt: „Bin ich noch jugendlich oder ist der Zug schon abgefahren?“

Nun, abgefahren ist der Karrierezug für den deutschen Singer/Songwriter zweifellos noch nicht: Sein Karrierezug beginnt gerade so richtig Fahrt aufzunehmen. Oerding hat sein drittes Album „Für immer ab jetzt“ veröffentlicht, ist so bis auf Platz 4 der Charts vorgedrungen und geht nun auf Deutschlandtournee.

Und doch kennt ihn zumindest die breite Öffentlichkeit noch immer vor allem als „den 16 Jahre jüngeren Freund von Sängerin und Entertainerin Ina Müller“. Nervt das nicht? Der drahtige Typ mit dem stets irgendwo abstehenden blond-braunen Haar lacht: „Im Moment finde ich das gar nicht so schlimm, das gehört halt für die Medien dazu.“ So wie demnächst vielleicht die Anmerkung „Oerding, der im Vorprogramm von Joe Cocker spielte“, denn ab Mitte April wird der gebürtige Westfale mit seiner Band die Rock-Legende auf dessen Tour durch die großen Hallen begleiten. Keimt da nicht der Wunsch auf, endlich als eigenständiger Musiker wahrgenommen zu werden?

„Nein, das ist doch eine Chance, in einem Satz genannt zu werden mit Joe Cocker. Mir haben Supports immer Spaß gemacht.“ Da gab es auch über seine Lebensgefährtin hinaus schon einige: Simply Red, Ich+Ich, Stefanie Heinzmann. „Von allen habe ich etwas mitnehmen können, und vor allem habe ich Zuhörer mitnehmen können.“ Die nun vermehrt auch in seine Konzerte kommen, um sich dem gekonnten Mix aus Akustikgitarre und Elektrobeats, eingängigen Melodien und Pianopop hinzugeben und seinen Texten zu den Irrungen und Wirrungen der Liebe und des Seelenlebens nachzugehen.
„Ich tue mich zwar schwer, darüber zu quatschen, was mich betrifft, bedrückt oder beeindruckt, aber erstaunlicherweise habe ich überhaupt kein Problem, damit auf eine Bühne zu gehen.“

Gefühlsduselei oder Befindlichkeitspop? Zweifellos trifft Oerding mit seiner energiegeladenen Reibeisenstimme nicht nur waidwunde Herzen, sondern spricht mit seinen unverbogenen Texten vielen weiblichen Fans aus der Seele.

„Du darfst nicht irgendetwas aufschreiben um des Reimens willen. Jeder Satz, jedes Wort sollte eine Berechtigung haben“: Das habe ihm Michy Reincke beigebracht. Zufällig war er nämlich im gleichen Mietshaus gelandet, als es den Westfalen vor gut zehn Jahren nach Hamburg zog, und der „Taxi nach Paris“-Poet gab ihm beim Teetrinken in seiner Küche nicht nur Text-Ratschläge, sondern verschaffte ihm auch Auftritte in kleinen Clubs. Dass ihm dort bei seinem ersten Konzert mit eigenen Songs vor 40 Leuten auf der Reeperbahn ausgerechnet Udo Lindenberg begegnete, war Zufall: „Mensch, geil gesungen, Goldkehlchen“, sagte Lindenberg.

Fehlt als Krönung ja eigentlich nur noch die Hochzeit mit der Herzensdame: Schließlich hatte Ina Müller verlauten lassen, sie würde gern mal von der Stelle weg geheiratet werden. „Wenn sie denn mich meint...“, sagt Oerding lächelnd. Im Moment liebe er einfach die große Freiheit, die sie ihm nicht nur in seiner Hamburger Zweier-WG mit seinem alten Schulkumpel lasse.

27. 2., Strøm, Lindwurmstr. 88, 21 Uhr, 22 Euro; 12. 4. Olympiahalle (Joe Cocker Support), 20 Uhr, 39,05 – 64,35 Euro

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