Im Dezember fällt die Entscheidung
Es ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem neuen Konzertsaal. Und so langsam wird im fernen Nebel der Zukunft zumindest schemenhaft ein Gebäude sichtbar. Gestern hat sich das Bayerische Kabinett mit der vertieften Prüfung von fünf möglichen Standorten durch das Architekturbüro Speer und Partner beschäftigt. Mit dem allgemein erwarteten Ergebnis: Nur die Paketposthalle und das frühere Pfanni-Gelände hinter dem Ostbahnhof bleiben im Rennen.
Fast wichtiger ist noch ein anderer Satz: „Wir wollen bis 2018 unumkehrbar einen neuen Konzertsaal in München auf den Weg bringen“, sagte Staatskanzleichef Marcel Huber nach der Kabinettssitzung. „Es geht um einen Konzertsaal, der wegen der herausragenden kulturellen Bedeutung Münchens und der Qualität seiner Orchester höchsten musikalischen Ansprüchen genügen muss.“
Bei der Bewertung der fünf Standorte Apothekenhof, Finanzgarten, Eissportgelände am Olympiapark, Werksviertel am Ostbahnhof und Paketposthalle wurden die zeitliche Verfügbarkeit, die Verkehrsanbindung, die Realisierbarkeit eines Raumprogramms und die Außenwirkung beurteilt. Auch der Raumbedarf der Hochschule für Musik und Theater wurde berücksichtigt.
Das Ergebnis war nach der gemeinsamen Beratung der Vorschläge des Architekturbüros und der Arbeitsgruppe Konzertsaal eindeutig: Das Werksviertel am Ostbahnhof erhielt 81 von 100 möglichen Punkten, die Paketposthalle 67 Punkte. Ob die Post inzwischen einen neuen Standort für ihr Briefverteilzentrum gefunden hat, ließ Spaenle offen. Dies alles müsse erst in Verhandlungen geprüft werden.
150 bis 250 Millionen Euro will Bayern in den Saal stecken
Und wie geht es nun weiter? Das Kunstministerium wird unter Einbindung des Finanz- und Innenministeriums einen Lenkungsausschuss „Neuer Konzertsaal München“ einrichten. Da beide favorisierten Standorte privaten Investoren gehören, muss mit ihnen über die Konditionen zur Überlassung der Grundstücke verhandelt werden.
Kunstminister Ludwig Spaenle fand eine eigenwillige Formulierung: „Es ist ein Gebot der Klugheit, jetzt mit diesen zwei Vorschlägen in die Verhandlungen zu gehen, um von einem guten Ziel zu einem noch besseren Ergebnis zu kommen.“
Anfang Dezember soll im Kabinett die Entscheidung über den endgültigen Standort fallen. Dann muss der Landtag über das Projekt beraten. Spaenle befürchtet keinen größeren Widerstand aus der Provinz: Der Münchner Neubau ist Teil des „Kulturkonzepts Bayern“, das auch zur Beruhigung der Franken den neuen Konzertsaal in Nürnberg und die Neukonzeption des Mainfränkischen Museums in Würzburg einschließt.
Die Einbeziehung privater Investoren dürfte nach Spaenles Einschätzung die ländliche Skepsis ebenfalls dämpfen. Zwischen 150 bis 250 Millionen dürfte der Neubau kosten. In den nun anstehenden Verhandlungen wird wohl auch der Bayerische Rundfunk seinen Geldbeutel etwas weiter öffnen müssen als bisher geplant. Denn sein Symphonieorchester hat diesen Saal am vehementesten gefordert und wird am meisten von ihm profitieren, auch wenn dies seit einiger Zeit aus taktischen Gründen heruntergespielt wird.
Offene Fragen
Viele Fragen sind noch offen: etwa das Betreibermodell. Und die Frage, ob der Neubau rechtzeitig vor der Generalsanierung der Philharmonie im Gasteig fertig wird. Die städtischen Philharmoniker und die Konzerte privater Veranstalter könnten in den staatlichen Neubau ausweichen. Oder auch in das am Montag vorgestellte Projekt eines philharmonischen Kraftwerks in Aubing.
Dieses neue Projekt sorgt im Umfeld des BR-Symphonieorchesters für Nervosität. Es gibt sich weniger elitär als der geplante staatliche Konzertsaal. Über den wird als hochspezialisierter Raum für die klassisch-romantische Musik des 19. Jahrhunderts gesprochen.
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In dem Aubing Industriebau könnte ein viel aufregenderer Raum entstehen, der auf für München neue Weise Popkultur und Klassik zusammenbringt. Da steht für die Befürworter des Neubaus im Werksviertel oder an der Friedenheimer Brücke noch eine Menge argumentativer und konzeptioneller Feinabstimmung an. Mit dem Bau trifft man auch eine Entscheidung darüber, wie Klassische Musik im 21. Jahrhundert präsentiert werden soll.
Spaenle hat übrigens nichts gegen das Aubing Projekt: „Wieso sollte ich als Münchner gegen ein weiteres kulturelles Zentrum in dieser Stadt sein?“