„Ich halte mein Album für ein Meisterstück“
Im Laufe seiner bald 40-jährigen Karriere hat sich Joe Jackson kongenial in den unterschiedlichsten Genres wie Jazz, Soul, Punk, Pop versucht. Von den Ausflügen in Klassik oder Film-Soundtrack ganz zu schweigen. Sein aktuelles Studiowerk „Fast Forward“ knüpft nahtlos an die Monolithen wie „Night And Day“, „Body And Soul“ und „Big World“ an. Klassischer, zeitloser Dandy-Pop.
AZ: Herr Jackson, auf „Fast Forward“ finden sich insgesamt 16 Stücke, jeweils vier für die folgenden Städte komponiert: New York, Amsterdam, Berlin und New Orleans. Versteckt sich ein Konzept hinter der Produktion?
JOE JACKSON: Eigentlich gar nicht. Ich habe diese Städte für meine Lieder nicht ausgewählt, weil sie mir unglaublich nahe sind. Sondern weil ich Musiker kenne, die dort leben und mit denen ich unbedingt zusammen spielen wollte. Um die zu überzeugen, dass ich es ernst mit ihrer Heimat meine, habe ich mich etwas näher auf ihre Domizile eingelassen. Wobei ich in allen vier Metropolen mal länger, mal kürzer gewohnt habe, das ist richtig. Ich habe demnach zumindest einen vagen Eindruck, was den jeweiligen Flair dieser Städte ausmacht. Mehr allerdings steckt nicht dahinter. Letztlich fühle ich mich nirgendwo wirklich zu Hause.
Also kein allumfassender Plan hinter „Fast Forward“?
Nein. Ursprünglich hatte ich während des Aufnahmeprozesses vor, vier EP’s rauszugeben. Als mein Manager davon erfuhr, meinte er nur, ob ich verrückt geworden sei, finanziellen Selbstmord begehen möchte. Und er hat recht mit seiner Einschätzung: Die Leute kaufen heutzutage kaum noch Alben. Wer um Himmels Willen soll vier EP’s kaufen?
Unabhängig von all dem kommerziellen Geschacher: Reisen hat während der Produktion von „Fast Forward“ eine entscheidende Rolle gespielt, richtig?
Ich bin irgendwie seit langer Zeit ein Getriebener, ein Heimatloser, das ist wahr. Vielleicht sogar von Geburt an. Ich hatte ja eine eher tragische Kindheit, mit schweren Krankheiten wie Asthma, damit verbundener Isolation und solchem Zeug. Doch großen Einfluss aufs Songwriting hat dieser Umstand der Heimatlosigkeit nicht. Denn es gibt durchaus einen Platz, wo ich zu Hause bin: Wenn ich hinter einem Piano sitze, egal an welchem Ort auf dieser Welt. Ich beginne zu spielen, mutterseelenallein und hoffentlich inspiriert. Dann ist alles gut.
Ihr letztes „reguläres” Studiowerk „Rain“ ist 2008 auf den Markt gekommen, danach gab es eine Live-Produktion sowie 2012 das Tribut „The Duke“ an Duke Ellington. Hatten Sie eine Schreibblockade?
Die möchte ich nicht ausschließen, aber über so etwas mache ich mir keine Gedanken. Für mich ist „The Duke“ durchaus eine klassische Joe Jackson-Scheibe, weil ich komplett in den Ausnahmecharakter Ellington eingetaucht bin, um dessen Werk mit meinen eigenen Intentionen zusammenzubringen. So etwas ist eine Herkules-Aufgabe, ganz ohne Zweifel.
„Fast Forward“ erinnert musikalisch stark an Ihre bekanntesten Werke aus den Achtzigern. Wollten Sie an diese Ära anknüpfen?
Auch über diese Form der Kategorisierung mache ich mir keine Gedanken. Nachdem ich in den vergangenen 20 Jahren einige durchschnittliche Werke abgeliefert habe, von denen ich im Nachhinein nicht mehr sonderlich überzeugt bin, halte ich „Fast Forward“ für nichts weniger als ein Meisterstück. Darauf finden sich 16 Lieder, von denen jedes für sich alleine steht. Sie entsprechen allesamt meinem aktuellen physischen wie psychischen Zustand. Und glauben Sie mir, ich war und bin ein sehr komplexer Charakter. Doch dieses Mal haben sich all die gesammelten Eindrücke der letzten Zeit perfekt gebündelt. Deshalb bin ich so stolz auf diese Arbeit.
„Fast Forward“ wirkt auf den Hörer recht melancholisch, geben Sie mir recht?
Das tue ich nicht. Es ist eine bittersüße Angelegenheit geworden, darauf können wir uns einigen. Zumindest manche der Lieder sind unter diesem Aspekt entstanden. Doch der hat nicht viel mit Melancholie zu tun, die ist mir zu jämmerlich. Bittersüß bedeutet, dass man zur selben Zeit lacht und weint. In diesem Konglomerat steckt viel Energie. Genau die ist es, welche meine Musik auszeichnet. Ich bringe unterschiedliche Emotionen zusammen, die letztlich sehr nahe beieinander liegen, obwohl man ihnen das nicht auf Anhieb anmerkt. Aus dieser Verwirrung heraus entsteht die Musik von Joe Jackson.
Joe Jackson spielt am Mittwoch um 20 Uhr in der Muffathalle
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