Heinz Holliger über sein Konzert im Nationaltheater

Im dritten Konzert der Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters dirigiert Heinz Holliger Werke von Schumann, Bartók und Debussy
von  Robert Braunmüller / TV/Medien
Heinz Holliger probt mit dem Bayerischen Staatsorchester.
Heinz Holliger probt mit dem Bayerischen Staatsorchester. © Wilfried Hösl

Heute und morgen leitet der Schweizer Heinz Holliger das 3. Konzert der Musikalischen Akademie des Bayerischen Staatsorchesters. Auf dem Programm stehen Robert Schumanns „Manfred“-Ouvertüre, Béla Bartóks frühes Violinkonzert mit der Geigerin Veronika Eberle und Claude Debussys „Images“. Im Interview erklärt der Dirigent, was dieses Programm zusammenhält.

AZ: Herr Holliger, haben Sie das Bayerischen Staatsorchester schon einmal dirigiert?
HEINZ HOLLIGER: Nein. Aber ich bin mit dem Orchester einmal aufgetreten – kurz nach meinem 1. Preis beim ARD-Musikwettbewerb. Es war 1962. Ich habe das Oboenkonzert von Richard Strauss gespielt, unter Joseph Keilberth. Das Konzert sollte im Cuvilliéstheater stattfinden, wurde dann aber wegen des Staatsbesuchs von Charles de Gaulle ins Prinzregententheater verlegt.

Sie sind Oboist, Komponist und Dirigent. Arbeitet es sich aus dieser dreifachen Erfahrung heraus anders mit einem Orchester?
Ich bin kein Exot – im 18. und 19. Jahrhundert haben es alle Musiker so gehalten. Bach hat neben der Musik auch noch Latein unterrichtet. Spezialistentum halte ich für eine Verarmung – nicht nur in der Musik, sondern in der ganzen Kultur.

Was stand bei Ihnen am Anfang?
Die Oboe und das Komponieren. Zu dirigieren habe ich begonnen, um eigene Stücke uraufzuführen. Als Bläser habe ich beim Komponieren und Dirigieren eine stärkere Beziehung zum Körperlichen des Klangs als jemand, der vom Klavier her kommt.

Hat Ihr Programm einen roten Faden?
Robert Schumann ist eigentlich mein Lieblingskomponist. Man kann ihn nicht oft genug spielen. Die „Manfred“-Ouvertüre bezieht sich auf George Byrons dramatisches Gedicht: Der Held versucht die verlorene Geliebte aus dem Jenseits zurückzuholen.

Und was hat das mit Bartóks Violinkonzert zu tun?
Es hat einen ähnlichen, allerdings autobiografischen Inhalt. Bartók komponierte dieses Konzert zwischen 1907 und 1908 als Liebeserklärung an die Geigerin Stefi Geyer. Sie hat ihn nicht erhört. Die Partitur befand sich in ihrem Besitz. Sie erlaubte die Uraufführung testamentarisch erst nach ihrem Tod. Das war 1958 in Basel. Hansheinz Schneeberger, ein enger Freund von mir, hat sie gespielt, meine verstorbene Frau saß im Orchester an der Harfe. Ich finde das Konzert sehr gelungen, und es ist ein Repertoirewerk geworden.

Warum hat es nur zwei Sätze?
Das ist die besondere ungarische Form der Rhapsodie: Lassú – friss, langsam und schnell. Auch mein Kompositionslehrer Sándor Veress hat ein zweisätziges Violinkonzert geschrieben. Ähnliche Formen gibt es auch bei Schumann.

Was verbindet Bartók mit Claude Debussy?
Bartók wurde sehr stark von der französischen Musik beeinflusst. Ich finde außerdem, dass deutsche Orchester zu wenig Debussy spielen. Deshalb habe ich die „Images“ aufs Programm gesetzt.

„Images“ heißt „Bilder“. Wie illustrativ ist Debussys Musik?
Es ist vor allem eine Zauberei mit dem Klang, die differenzierteste Musik, die je für Orchester geschrieben wurde. Sie ist in vielem tief melancholisch, abgründig und viel dunkler, als es dem gängigen Debussy-Verständnis entspricht. „Gigues“ war ursprünglich mit „Gigues tristes“ überschrieben. Dieser Satz schildert das dunkle schottische Licht. Debussys Musik ist trauriger als die anderer Komponisten, die ihre Melancholie wie ein Plakat vor sich hertragen.

Wie spanisch ist der Schluss?
„Ibéria“ schildert ein imaginäres Spanien – Debussy war nie dort. Es ist eine sehr leidenschaftliche Musik, kein Knallstück, wie man es oft meint spielen zu müssen. Die Kastagnetten sind nicht folkloristisch gemeint: Sie zeichnen ein Bild von Folklore. Debussy war neben Mozart und Mendelssohn der Komponist mit dem feinsten Musikgehör. Er mischte die Farben wie der Maler Claude Monet – nie dick, sondern immer ganz transparent.

Heute und morgen, 20 Uhr im Nationaltheater. Restkarten ab 19 Uhr an der Abendkasse

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