Hanna-Elisabeth Müller singt Lieder

München - Wer sie einmal auf der Bühne gesehen hat, etwa in der Bayerischen Staatsoper als Sophie im "Rosenkavalier" oder als Zdenka in "Arabella", wird Hanna-Elisabeth Müller kaum vergessen haben: Die Mannheimerin becircte mit ihren frischen Darstellung dieser Sopranrollen von Richard Strauss nicht nur das Publikum, sondern gab diesen Figuren auch eine anrührende Ernsthaftigkeit mit.
Eben diese Fähigkeiten machen Frau Müller auch zu einer genuinen Liedsängerin. Für ihr Album "Traumgekrönt" hat sie in einer so originellen wie stimmigen Zusammenstellung lauter Strauss-Lieder versammelt, in deren Texten allerlei Blumen besungen werden, von Kornblumen über Georginen und die allgegenwärtigen Rosen bis hin zum allerletzten Gesang "Malven" aus dem Todesjahr des Komponisten.
Unter den konzentrierten Studiobedingungen, einfangen von einer bemerkenswert räumlichen und natürlichen Aufnahmetechnik, kann sich nicht nur der schiere Wohllaut der Stimme verströmen. Das Material von Hanna-Elisabeth Müller ist verschwenderisch reich, die weit ausschwingende Höhe ist mühelos eingebunden, aber auch die interessante Mittellage und nicht zuletzt die ausgeglichene Tiefe sind des Hinhörens wert.
Mitten ins Herz hinein
Genauso wichtig ist ihre meisterhafte Textarbeit. Man versteht sogar in den Ornamenten und Melismen jede Silbe. Die Sprachpräsenz ist dabei nur Mittel für das Evozieren der poetischen Stimmungen, wodurch dem Liedideal von Strauss voll entsprochen wird.
Man höre etwa "Das Rosenband" op. 36/1, in welchem der florale Schmuck für ein Gefühl steht, welches das gesamte Leben und vor allem Lieben des singenden Ichs umfasst; so dekorativ die Naturbilder erstehen, so anrührend spricht Hanna-Elisabeth Müller hier direkt ins Herz hinein.
Schlichtweg phänomenal ist, wie sie aber auch die naive Einfachheit der frühen Lieder trifft, in denen man sich nicht hinter der Kunstfertigkeit verstecken kann. Mit ihrer ständigen Begleiterin Juliane Ruf hat Frau Müller eine Partnerin gefunden, die sich mit ihrem gesanglichen Klavierton der Stimme anschmiegt und dennoch eigenständige Akzente setzt.
Für die beiden eingeschobenen Zyklen von Arnold Schönberg, die Lieder op. 2, sowie die „Sieben frühen Lieder“ von Alban Berg, finden die beiden individuelle, dem Strauss-Ton angenehm kontrastierende Farbpaletten. Dies ist schon jetzt eines der schönsten Liedalben dieses Jahres.
"Traumgekrönt": Lieder von Richard Strauss, Arnold Schönberg und Alban Berg; Hanna-Elisabeth Müller, Sopran; Juliane Ruf, Klavier (CD bei belvedere)