Kritik

Händel im Gärtnerplatztheater

Rubén Dubrovsky dirigiert das Oratorium "Il trionfo del Tempo e del Disinganno"
Robert Braunmüller
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Dirigent Rubén Dubrovsky und das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz.
Gabriela Neeb Dirigent Rubén Dubrovsky und das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz.

Der neue Chefdirigent möchte das Orchester des Hauses stärker herausstellen und die stilistische Flexibilität der Musikerinnen und Musiker stärken. Weil Rubén Dubrovsky von der Historischen Aufführungspraxis kommt, bietet sich Georg Friedrich Händel dafür an. Daher steht nun das geistliche Oratorium "Il trionfo del Tempo e del Disinganno" im Gärtnerplatztheater eher unerwartet auf dem Spielplan des unterhaltungsbetonten Musiktheaters: noch einmal am Dreikönigstag sowie im Juni.

Terry Wey ist eine Entdeckung

Die Gattungsbezeichnung könnte falsche Erwartungen wecken: Der Chor hat Pause. Die Schönheit läutert sich in diesem 1707 in Rom uraufgeführten Werk seelisch in 24 Arien, zwei Duetten, zwei Quartetten und einem Mini-Orgelkonzert. Naturgemäß taten sich die beiden auf Alte Musik spezialisierten Gäste mit den stilistischen Anforderungen Händels leichter. Hanna Herfurtners Sopran schwebte strahlend über den Streichern. Terry Wey ist eine echte Entdeckung: Sein mit allen Finessen des klassischen Belcanto geschulter Counter klingt sehr natürlich.

Den beiden Ensemblemitgliedern ging Händel nicht ganz so elegant durch die Kehle. Gyula Rab interpretierte seine Arien mit einem schönen Mozart-Timbre geradeheraus, aber auch etwas instrumental. Sophie Rennerts Mezzo mischte sich in einem kurzen Duett hinreißend mit Herfurtners Sopran, aber ihr bei Musik des 19. Jahrhunderts sinnlich ansprechendes Flackern eignet sich nur bedingt für Koloraturgesang. Das bekannteste Stück des Oratoriums, die später mit neuem Text in die Oper "Rinaldo" eingegangene Arie "Lascia la spina" sang sie mit viel Ausdruck, die letzte Arie, ein zorniger Ausbruch, gelang ihr stark.

Der goldene Mittelweg

Dubrovsky testete in der Ouvertüre die Grenzen der beiden Konzertmeisterinnen aus und bremste überraschend brüsk ab, als habe Händel sagen wollen: "O Freunde, nicht diese Töne - das ist ein Oratorium, kein Instrumentalkonzert". Die Streicher dosierten ihr Vibrato, ohne sich gleich in ein Spezialensemble für Alte Musik zu verwandeln. Das ist ein Kompromiss, der durchaus nicht faul ist: Er reinigt das gute alte musikantische Espressivo mit federnder Klarheit. Und nach dem sehr forschen Anfang wirkte nichts gezwungen oder rechthaberisch forciert.

Das offene Geheimnis

Die Musik spielte auf der Vorbühne. Das Kammerensemble aus Streichern, zwei Oboen, zwei bisweilen zauberhaft den Klang färbenden Blockflöten und einer farbigen Continuo-Gruppe aus Laute, Orgel, Cembalo und Fagott passte perfekt zur Größe des Raums. Übertitel trugen zur Verständlichkeit bei.

Ein offenes Geheimnis behielt Dubrovsky in seiner Kurz-Einführung für sich: dass Händel bei diesem Oratorium in Eile war und eine Menge Musik von seinem Hamburger Kollegen Reinhard Keiser übernahm.

Wieder am 6. Januar und am 23. Juni, 18 Uhr. Karten unter gaertnertheater.de

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