Generalprobe für Bayreuth: Andris Nelsons dirigiert den dritten Akt von Wagners "Parsifal"
Arturo Toscanini brauchte 90 Minuten für den dritten Aufzug, Pierre Boulez nur 66. Andris Nelsons, bald beim neuen Bayreuther „Parsifal“ Chef im Orchestergraben, dirigierte den dritten Aufzug des Bühnenweihefestspiels in 78 Minuten – eine Knappertsbusch-Zeit.
Manchmal stand die Musik fast still, der Karfreitagszauber zerfiel. Doch die höchste Intensität, auf die andere langsame „Parsifal“-Dirigenten hinauswollten, stellte sich bei dieser Aufführung des dritten Akts mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks nicht ein. Auch ein reflektiert verfeinertes Debussy-Gefühl kam nicht auf – dafür dirigierte Nelsons bei aller Kontrolle der Lautstärke zu sehr aus dem Bauch heraus. Dies bei allem Respekt vor dem Versuch, der zügigen Mode zu widerstehen.
Die schmerzgetränkte Streicherstelle nach Kundrys Taufe blieb unauffällig, dafür jedoch setzte die Oboe danach ungewöhnlich zart mit ihrem Frühling ein. Die Verwandlungsmusik war dagegen laut, aber es fehlte ihr die allerletzte düstere Schwärze in den Posaunen. Alles wirkte wie eine Skizze, der das eigentliche Gemälde noch folgen wird.
Eine Entdeckung gab’s auch: Georg Zeppenfelds schwarzen, schlanken, beweglichen und textdeutlichen Bass – ideal für den Gurnemanz. Simon O’Neill sang den Parsifal durchdringend. Netteres lässt sich über das, was er mit seinem metallisch-hellen Charaktertenor anstellt, leider nicht sagen. Das Timbre des hoch achtbar singenden Tomasz Koniecznys passte kaum zum Amfortas, der weinerlich wirkte, statt existenziell zu berühren.
Die vier Noten Kundrys und ihr Stöhnen übernahm Sabine Staudinger aus dem Chor. Die Gralsglocken klangen nach Plastik, die stereophone Teilung der Männerchöre wurde nicht umgesetzt. Dennoch: Ein Akt besagt wenig – im Bayreuther Sommer 2016 wissen wir mehr.