Gemeinsam gegen den Klassik-Pessimismus
Wie soll man es nennen? Übernahme ist das falsche Wort. Fusion trifft es auch nicht. Vielleicht so: Georg Hörtnagels Münchner Konzertdirektion und Andreas Schessls Münchenmusik sind künftig verpartnert.
Hörtnagel ist ein echter Selfmademan: Er sollte eigentlich einen Bauernhof übernehmen und studierte gegen den Widerstand seines Vaters Musik. Eine Verletzung setzte seiner Karriere als Solo-Kontrabassist des Bayerischen Staatsorchesters ein Ende: Da begann er mit Hilfe seiner Frau eine zweite Karriere als Konzertveranstalter.
Hörtnagel hatte Künstler wie Yehudi Menuhin oder Herbert von Karajan unter Vertrag, Sviatoslav Richter trank seinen Weinkeller leer. Aus dem riskanten Geschäft der Orchestergastspiele hat sich der 88-jährige Impresario weitgehend zurückgezogen. Doch Pianisten wie Maurizio Pollini und Kammermusikensembles wie das Artemis Quartett und das Quatuor Ébène sind ihm treu geblieben.
Bis zuletzt glaubte Hörtnagel, auf Marketing weitgehend verzichten zu können. Doch Qualität setzt sich im Zeitalter der Eventkultur nicht von alleine durch. Und auch das Publikum ist mit seinem Veranstalter gealtert.
Georg Hörtnagel hat nun seine Nachfolge geregelt. Er bleibt weiter für das Programm verantwortlich. Drei neue Gesellschafter treten in die Konzertagentur ein: seine Tochter Konstanze, Ärztin und Molekularbiologin, Sonia Simmenauer von der gleichnamigen Künstleragentur, die fast alle wichtigen Streichquartette vertritt – und Andreas Schessl von Münchenmusik.
Die beiden Konzertagenturen bleiben organisatorisch getrennt. Schessl wird als Privatmann Mitgesellschafter. Aus der Erfahrung, dass eigene Konzertreihen bestimmter Ensembles gut ankommen, setzt Sonia Simmenauer auf eine verstärkte Präsenz des Artemis Quartetts in München. Aber auch das auf Experimentelles spezialisierte Jack Quartet wird kommen. Auch sollen mehr Konzerte im beim Publikum beliebten Prinzregententheater stattfinden.
Die Konzerte in Polling werden fortgeführt. Für Hörtnagels Nürnberger Konzerte scheint sich ebenfalls eine Lösung abzuzeichnen – hier dürfte Hörtnagels zweite Tochter Beatrice einsteigen. Das Gute bewahren und mehren: Wie es scheint, behalten die Kulturpessimisten diesmal nicht recht: Dieser Traditions-Veranstalter bleibt lebendig.