Geburtstag von Rolling-Stones-Sänger: Rock, Drogen und Mutters Anruf
Zwischen 1973 und 1975 nahmen die Rolling Stones in München auf – Toningenieur Reinhold Mack erinnert sich.
Im Nachtrag zum Interview schickt Reinhold Mack eine E-Mail: „Keiner von uns dachte, dass er über die fünzig kommt. Es ist ein Novum, diese Musik und den Lebenswandel bis ins fortgeschrittene Alter durchzuziehen.“ Mack ist Produzent und Toningenieur, er hat mit Queen gearbeitet, dem Electric Light Orchestra und Black Sabbath. Mitte der 70er spülte es die Rolling Stones in die Münchner Musicland Studios. Als Toningenieur betreute Mack die Sessions, aus denen die Alben „It’s Only Rock’n’Roll“ und „Black And Blue“ wurden. Am Freitag wird Mick Jagger 70.
AZ: Herr Mack, als junger Mann mit den Stones zu arbeiten, klingt aufregend.
REINHOLD MACK: Wir lagen in Kommunen und Wohngemeinschaften auf der Matratze und stellten uns vor, im Studio zu sein und dann kämen die Stones und Led Zeppelin. Plötzlich war es wahr. Man hatte sich mit Deep Purple und Rory Gallagher schon etwas daran gewöhnt, aber die Stones waren Oberkante der Bekanntheit. Damals hat noch Pianist Ian Steward gelebt, Mitbegründer der Stones. Ein lieber, unauffälliger und total praktischer Mensch. Der kam mit einem kleinen Bus und einer großen grünen Kiste und sagte: Wo soll das Zeug hin. Im Gegensatz zu anderen Bands war das ein totaler Verhau.
Wir war das, als die Stones zur Tür reinkamen?
Sie haben sich im Studio umgeschaut, sich hingesetzt und einer fing an zu klimpern. Im Grunde war das wie eine Schülerband. Dann sagte Mick: So geht es nicht. Jetzt probieren wir das, was wir schon mal gemacht haben. Ich fand heraus, dass es bei ihnen keine Vorgaben gibt. Es wird immer alles aufgenommen. Und irgendwann klingt es dann.
Sind Jaggers Texte während den Sessions entstanden?
Ich glaube, er hat ein wenig kokettiert mit dem Image des Genialen, der über den anderen steht. Einer, der mitteilt, was ihm in den Kopf kommt, dabei ist es eigentlich schon bis auf ein, zwei Worte ausgearbeitet.
Die Sessions waren nachts?
Nicht so schlimm wie bei Led Zeppelin, die um drei Uhr früh anfingen. Bei den Stones war es so acht, neun Uhr abends.
Keiths Zustand war in dieser Phase nicht der Beste.
Das Heroinspritzen hat nicht ganz geholfen. Er ist immer eingeschlafen, während alles herumgeplärrt und gespielt hat. Er lag mit dem Kopf nach hinten auf dem Stuhl und die Gitarre hing runter. Es wurde einfach nicht zur Kenntnis genommen. Wenn Mick dachte, es ist genug, gingen sie einfach. Keith lag weiterhin auf dem Stuhl. Ich hatte das große Glück, dass ich warten durfte, bis der Mann wieder zu sich kam. Und dann hab’ ich ihn in sein Hotel gebracht.
Wer hat die Band geleitet?
Mick. Er hat eigentlich immer alles unter Kontrolle.
Ein Kontrollfreak?
Ein unterschwelliger Kontrollfreak. Er ist so geschickt, dass die anderen es nicht richtig merken oder merken wollen, dass er das Ruder in der Hand hält. Es ist leichter etwas zu tun, wenn man es gesagt kriegt. Aber in einer Weise, dass man das Gefühl hat, es war die eigene Idee.
Wie lief das nach den Aufnahmesessions?
Das ging immer sofort auseinander. Sie waren in verschiedenen Hotels. Wenn man sich so lang kennt, hat man wohl nicht das Bedürfnis, an einer Hotelbar zusammenzusitzen. Keith war mehr mit Leuten zusammen, die Drogen rangeschafft haben. Und Mick war eher auf der Suche nach erbaulichen Frauenkörpern.
Mick hatte die Damenwelt im Griff?
Es passierte, als wir uns noch nicht so gut kannten. Das Telefon klingelt. Eine Frau aus England rief an: Sie möchte Mick sprechen. Ich fragte, welchen. Mick Taylor war auch noch da. Sie sagte: „Michael.“ Ich sagte, der sei in einer Session, sie solle später anrufen oder ihre Nummer hinterlassen. Sie entgegnete: „You go in there and tell him, it’s his mother.“ Ich bin rein und sagte: „Mother’s on the phone.“ Der Kopfhörer fiel runter, die Session hielt an, Mick ging ans Telefon. Nach einer Dreiviertelstunde kam er wieder und meinte: „Well, that’s how it is.“
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