Froher Weltschmerz

Anna Netrebko und Rolando Villazón sind in der Stadt, doch sie singen nicht zusammen, sondern nacheinander. Den Anfang machte der Mexikaner mit einem Liederabend im Prinzregententheater
von  Robert Braunmüller

 

Anna Netrebko und Rolando Villazón sind in der Stadt, doch sie singen nicht zusammen, sondern nacheinander. Den Anfang machte der Mexikaner mit einem Liederabend im Prinzregententheater

Er sang den ganzen Abend von schwarzgalliger Verzweiflung, Weltschmerz und schlimmstem Liebesleid. Aber Rolando Villazón schafft es, dass man sich nach einem solchen Programm nicht von der nächsten Brücke in die Isar stürzt, sondern bestens gelaunt nach Hause geht.

 

Mit einem landläufigen Liederabend hatte das Konzert im Prinzregententheater wenig gemeinsam. Jedes Lied wurde begeistert beklatscht, bis der Sänger freundlich an den Fingern abzählte, dass auf das erste der „Canciones populares españolas“ von Manuel de Falla noch sechs weitere folgen würden.

Gerade solche Einlagen machen ihn liebeswert. Villazón ließ sich als erkältet entschuldigen, und tatsächlich kratzte etwas in der tiefen Lage. Aber schon bei Henri Duparcs „Chanson triste“ drehte er mächtig auf, als lache Bajazzo im Schmerz. Später tönte der Fleck auf einem maurischen Tuch, als habe Otello eben die türkische Flotte im Meer versenkt.

Aber das ist eigentlich eine gute Nachricht: Die Stimme ist zwar etwas enger geworden, aber von der Krise ist nichts mehr zu merken. Villazón verausgabt sich temperamentvoll wie eh und je. Er schenkt seine Kunst üppig her, auch wenn er gegen Ende zwei Donizetti-Lieder durch vier „Canciones clásicas españolas“ von Fernando Obradors ersetzte, die ihm wie alle spanischen Miniaturen naturgemäß besonders liegen.

Gerold Huber, der ständige Begleiter von Christian Gerhaher, fühlte sich in eher ungewohnten spanischen und italienischen Gefilden spürbar wohl. Der offizielle Teil endete mit Verdis effektvollem „L’esule“ und einem prachtvollen Spitzenton. Beide Herren wurden stürmisch gefeiert. Villazón bekam aus der ersten Reihe viele Rosen geschenkt, die er mit Blumen aus dem eigenen Strauß erwiderte.

Als Rausschmeißer sang Villazón „La Danza“ von Gioacchino Rossini. Wenn Villazón danach nicht den Klavierdeckel geschlossen hätte, wäre das Konzert wohl noch immer nicht zu Ende. Aber auch wir müssen weiter – denn die Netrebko, die andere Hälfte des einstigen Klassiktraumpaars, lockt in die Philharmonie. Darüber morgen mehr.

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