Franz Welser-Möst dirigiert "Das schlaue Füchslein"

Mit 28 Jahren debütierte der österreichische Dirigent 1989 beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem er seither als regelmäßiger Gast verbunden ist. Am Donnerstag und Freitag leitet er konzertante Aufführungen der Oper „Das schlaue Füchslein“ von Leos Janácek in der Philharmonie am Gasteig.
AZ: Herr Welser-Möst, sind Sie des Kostüm- und Schminkewesens leid? Warum dirigieren Sie Janácek konzertant?
FRANZ WELSER-MÖST: „Das schlaue Füchslein“ ist ein zutiefst philosophische Stück. Das kommt besser heraus, wenn sich alle Beteiligten auf die Musik konzentrieren können.
Und worin besteht Janáceks Philosophie?
Der Komponist war Pantheist. Gott ist für ihn eins mit der Natur. Die Handlung beschäftigt sich mit den beiden zentralen Fragen des Lebens: der Liebe und dem Tod, und zwar aus einer gewissen Weisheit des Alters heraus, mit der Fähigkeit, bestimmte Dinge loszulassen. Am Ende löst sich alles in der Natur auf.
Und wie klingt das?
Der Anfang des zweiten Akts ist ein goldener, sonnendurchfluteter Nachmittag. Vieles in dieser Oper kommt aus der mährischen Volksmusik, aber sie sollte deswegen nicht rustikal klingen. Denn im Grunde ist das „Schlaue Füchslein“ ein großes, impressionistisches Klanggedicht für Orchester. Dabei sind besonders die Farben wichtig, die in einer konzertanten Aufführung besser herauskommen.
In Cleveland und Wien haben Sie das „Füchslein“ zwar im Konzertsaal dirigiert, aber mit einer Video-Inszenierung. Warum nicht in München?
Das war im Gespräch, ist aber an den Kosten gescheitert. Yuval Sharons multimediale Inszenierung ging gewissermaßen zu Janaceks Quelle zurück, einer Bildergeschichte in einer Zeitung.
Sie haben viel Janácek dirigiert, wie hat’s angefangen?
Ich habe mit 15 Jahren an der Wiener Volksoper die Oper „Aus einem Totenhaus“ gesehen, später London Aufführungen unter Charles Mackerras. Das hat mich total fasziniert. Ich liebe diese Klangsprache.
Von Intendanten hört man, dass sich Janácek-Aufführungen nicht wirklich gut verkaufen.
Leider ist unser Betrieb riskikoscheu geworden. Bei manchen Häusern frage ich mich, ob sie überhaupt eine künstlerische Direktion brauchen, wenn eh alles das Marketing entscheidet. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es ohnehin nicht. Wenn Sie mit Wirtschaftstreibenden reden, werden die ihnen immer auch sagen, dass es kein sicheres Geschäft gibt, sondern immer 30 Prozent Risiko dabei sind. Aber ich denke: Man kann auch Neugierde wecken und mit gut vertretenen Überzeugungen den Markt auch beeinflussen.
Vielleicht liegt es an der tschechischen Sprache, dass das Publikum Janácek schwierig findet.
Ich habe sehr viele Opern auf Deutsch gehört und kein Wort verstanden. Im Gasteig wird es Übertitel geben. In England ist Janácek ein selbstverständlicher Teil des Repertoires, weil die Opern seit 40 Jahren immer wieder gespielt werden. Es hat auch lange gedauert, bis Mahler durchgesetzt wurde.
Sie haben von 1980 bis 1984 in München studiert. Wie kam es dazu?
Ich wurde 1979 Herbert von Karajan vorgestellt. Ich habe ihn gefragt, wo ich studieren solle und er antwortete knapp, wie es seine Art war: „Berlin oder München“.
Haben Sie damals schon das BR-Symphonieorchester gehört?
Natürlich, etwa bei den Proben zu Wagners „Tristan“ unter Leonard Bernstein. Der Unterricht an der Hochschule war mit wenigen Ausnahmen äußerst langweilig. Gelernt habe ich auf Proben. Ich war auch viel bei Sergiu Celibidache und in der Oper bei Wolfgang Sawallisch. Leider durfte man bei Carlos Kleiber nicht zu den Proben. Aber ich habe viele Vorstellungen unter ihm auf dem Stehplatz im Nationaltheater gehört.
Sie sind nun schon in der 16. Saison als Chefdirigent beim Cleveland Orchestra. Wenn Sie es mit dem BR-Symphonieorchester vergleichen – wo liegen die Stärken beider Orchester?
Das Symphonieorchester hat, abgesehen von einem hohen technischen Niveau, ein tief eingegrabenes Musikantentum. Cleveland ist am Anfang von Proben sehr detailverliebt. Es hat mit der Severance Hall einen Saal, der seinen Klang prägt und ihm einen feinen Schimmer gibt, den ich von keinem Orchester sonst kenne.
Wieso ist der eigene Saal so wichtig?
Alles fängt mit dem Hören an, und wenn man sich nicht hört, wie hier im Gasteig, kann man nur schwer reagieren. Musikmachen ist ein Geben und Nehmen. Und zwar nicht nur unter den Musikern, sondern auch zwischen dem Orchester und dem Dirigenten. Man findet etwas vor und versucht es mit der Vorstellung in Einklang zu bringen, die man von einem Stück hat. Bei jedem Orchester hört man andere Dinge und lernt auf diese Weise dauernd dazu. Robert Braunmüller
Gasteig, Donnerstag und Freitag, 15. und 16. Februar 2018, 20 Uhr. Restkarten