Farbzauber mit Selbstironie
Zugabe Nummer vier singt die Primadonna natürlich „nuuur wenn ihr wollt“. Im Bravo-Jubelregen kann man keine kokettere Frage stellen. Aber statt sich selbstgefällig in der euphorischen Antwort ihrer Fans zu wiegen, leistet sich die Gruberova wieder mal das „Klagelied einer Primadonna“ aus Millöckers „Armem Jonathan“ – und schwelgt in Selbstironie.
Wobei englische Queen des Belcanto diesen amüsanten Happen noch aus einem anderen Grund wählt: Sie kann sich mit Verve in die Koloraturenhelix werfen und am Ende eines nicht ganz einfachen Liederabends noch einmal so richtig aufdrehen.
Dass Edita Gruberova immer wieder zu Schubert greift, muss man wohl hinnehmen. Sie begegnet diesen Liedern mit einigem Gefühl, taucht ein in Sinntiefen, gründelt. Und zupft sich dabei einzelne Worte, Silben, Vokale heraus („An die Musik“, „Nähe des Geliebten“, „Lied der Mignon“, „Suleika II“, ), um sie zu strahlenden Höhepunkten zu führen. Das Dazwischen gerät dann aber so zurückhaltend, als säße sie im Puppenglashaus, manchmal auch, als würde sie im Lucia-Wahnsinn innehalten und in Selbstgespräche verfallen.
Was bei anderen Sängern oft genug eine ökonomische Entscheidung sein mag, ist bei der Gruberova Gestaltung. Bis ins Detail durchdacht. Und doch wird Franz Schubert in ihrem Terrarium immer ein Fremdkörper bleiben.
Ganz im Gegensatz zu Rachmaninow, bei dem sie ihr Organ frei strömen lässt, satt und glühend. Und bei dem sich der äußerst einfühlsame, bislang, aber zu dezent begleitende Alexander Schmalcz endlich aus dem Hintergrund traut. Vermutlich hätte der Pianist am liebsten gleich mit den „Moments musicaux“ (des Russen) weitergemacht ... aber so profitierten schließlich Richard Strauss’ Lieder von dieser Intensität.
Die frühere Super-Zerbinetta war jetzt in ihrem Element, bei Sternenzauber („Leises Lied“, „Der Stern“) und Augenglanz („Breit’ über mein Haupt“). Die Töne taucht sie in sagenhafte Farben, wechselt (fast) mühelos die Lagen, spannt feine Bögen, streut dazwischen giftig bitzelnden Humor und serviert – als Zugaben – „In goldener Fülle“ das „Ständchen“.
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