"Fado Jazz": Unbekannte, populäre Kombination

Wenn man Júlio Resende hört, ist die Verbindung von Jazz und Fado sofort stimmig. Entstanden in den Armenvierteln von Lissabon, hörte man diese portugiesisch Seemannsmusik und brasilianischen Musikrichtungen wie Lundum oder Modinha zunächst in den anrüchigen Kneipen des Stadtteils Mourari.
Heute lebt diese Traditionslinie als "freier, umherschweifender" Fado Vadio weiter und ist in seinem improvisierten Stil dem Jazz nicht fremd. Der Professional Fado, auskomponiert und fest arrangiert, hingegen hat es bis in die großen Konzerthäuser gebracht.
Der portugiesische Pianist Júlio Resende bezieht seine Einflüsse aus beiden Richtungen. Seine Musik will aber kein Crossover sein, sondern eine natürliche, moderne Weiterentwicklung des Fado. "Ich weiß daher auch nicht, ob das, was ich mache, nun Fado oder Jazz ist", sagt Júlio Resende zu seinem neuen Album "Fado Jazz": "Ich will mich da nicht festlegen, denn wer sich festlegt, hört auf, sich zu entwickeln. Ich bewege mich lieber frei, wie der Klang."
Júlio Resendes Musik und der romantische Zwiespalt
Gleich beim ersten Hören des Eröffnungsstücks "Vira Mais Cinco" offenbart sich ein romantischer Zwiespalt: Der Klang der traditionellen Guitarra Portuguesa - einer Kastenhalslaute - ist gekoppelt mit den Klangfarben Nordafrikas und Südeuropas. Nun kommen noch das Piano von Júlio Resende dazu sowie Schlagzeug und Kontrabass dazu, also keineswegs klassische Fado-Instrumente und Klangfarben, die aber hier so klingen als hätten sie schon immer selbstverständlich dazu gehört.
Die Musiker wechseln zwischen geraden und ungeraden Takten, was ein tänzerisches Klangbild ergibt. Es sind diese Verbindungen, die Resendes Musik neu und interessant und gleichzeitig natürlich klingen lassen - auch bei den großen, oft tränentreibenden Melodien wie bei den Balladen wie "Lira", "Este Piano Não Te Esquece", "All The Things - Alfama - Are" oder dem kreisenden "Fado Blues" und dem umwerfend schönen "Tiro No Escuro": Hier greift das für den Fado so typische Gefühl des "Saudade", der Sehnsucht und Melancholie.
Am Ende des Albums erklingt sogar noch eine Gesangsstimme: Die junge und doch bereits populäre portugiesische Sängerin Lina, bringt Júlio Resendes Komposition "Profecia" magisch, aber ohne Pathos zum Leuchten.
In Portugal füllt Júlio Resende bereits die großen klassischen Konzertsäle. Mit seinem neuen Album "Fado Jazz", zeigt er jetzt auch in München eine weitere, bisher kaum gehörte Seite des europäischen Jazz. Resende übersetzt den bittersüßen "Blues", aber auch die hellere Seite der Fado-Musik seiner Heimat in die Sprache des Jazz.
Júlio Resendes Werke sind mittlerweile Bestandteil der Soundtracks von Serien wie "Elisa y Marcela" (Netflix) und "Foodie Love" (HBO) sowie der portugiesischen Pop Radio Charts.