Kritik

Esbjörn Svensson: Ein außergewöhnliches Vermächtnis

Vierzehn Jahre nach dem Tod des Jazz-Pianisten Esbjörn Svensson ist ein neues Solo-Album erschienen.
von  Ssirus W. Pakzad
Der Jazz-Pianist Esbjörn Svensson.
Der Jazz-Pianist Esbjörn Svensson. © Jens Köhler/imago

Eine Schockwelle raste im Juni 2008 durch die Jazz-Gemeinde: Der schwedische Jazz-Pianist Esbjörn Svensson war bei einem Tauchgang im vor Stockholm gelegen Schärengarten ums Leben gekommen. Er wurde nur 44 Jahre alt, hinterließ aber ein beachtliches musikalisches Vermächtnis, von dem ein kleiner Erbteil erst jetzt ans Licht der Öffentlichkeit kommt: ein Solo-Album.

Drei wirkliche Neuerer

Svensson hatte es zu einer Popularität gebracht, die weit über die Grenzen des Jazz hinausging. "e.s.t." hieß sein Trio mit dem Bassisten Dan Bergland und dem Schlagzeuger Magnus Öström - in der Wahrnehmung vieler Kritiker waren diese Drei wirkliche Neuerer, die dem überstrapazierten Piano Trio-Format bislang ungehörte Aspekte abtrotzten.

Subtile Harmonik und mitreißende Wucht

Mit ihrer Mischung aus subtiler Harmonik und mitreißender Wucht begeisterten die drei Schweden selbst Rock- und Klassikanhänger. Als erste europäische Band überhaupt schaffte es "e.s.t." auf das Cover des amerikanischen Kult-Jazz-Magazins "Down Beat". Weil die drei Musiker im dazugehörigen Artikel als Repräsentanten der Emanzipation des europäischen Jazz gefeiert wurden, löste das in den USA eine Kontroverse aus, an der sich sogar Stars wie Branford Marsalis mit unschönen Kommentaren beteiligten.

Eigentlich trat Svensson nie alleine auf

Mit der Musik, die Svensson damals spielte, habe die Aufnahmen, die vor kurzem entdeckt wurden, wenig gemein. Seine Witwe Eva ließ alles, was der Pianist einst im Heimstudio eingespielt hatte, auf Festplatte sichern, sichtete das Material aber erst sehr viel später und blieb dann an einem Datei-Ordner mit der Aufschrift "Solo" hängen. Was in diesem digitalen file zu finden war, ist jetzt unter dem Titel "Home.s" erschienen und insofern eine Besonderheit, als Esbjörn Svensson eigentlich nie unbegleitet aufgetreten ist.

Ein Melancholiker

Die auf "Home.s" enthaltenen und von Eva Svensson posthum nach den ersten neun Buchstaben des griechischen Alphabets betitelten Stücke stellen uns einen sehr zurückhaltenden, oft völlig in sich gekehrten, selbstvergessenen Pianisten vor, einen Melancholiker, einen Klavierspieler, der seine Fertigkeiten sparsam einsetzt, der sich nichts mehr beweisen muss, der klassische und neoromantische Referenzen in seine Improvisationen einfließen lässt, der in zwei Sektionen ("Gamma" und "Eta") seinem Vorbild Keith Jarrett deutlich huldigt.

Ein tröstliches Stück Klaviermusik

Wer auf diesem Solo-Album einen Innovator zu erleben meint, als der sich Svensson im Trio "e.s.t." zeigte, tut das vielleicht aus einer alten Verbundenheit und Bewunderung, aus der Verklärung heraus. "Home.s" ist aber nicht mehr als ein sehr schönes, inniges, beruhigendes, mitunter bewegendes und tröstliches Stück Klaviermusik.

Esbjörn Svensson Solo: "Home.s" (ACT)

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