Enoch gegen den Rest der Welt
Den Streichern schien das Vibrato verboten – aber dann wurde es doch keine historisierende, oberlehrerhaft pingelige Aufführung, im Gegenteil: Die Zuhörer im Herkulessaal dürften schnell gemerkt haben, dass die tradierten Bruckner-Klischees auch von Enoch zu Guttenberg nicht ad actas gelegt waren. Pathetisch türmten sich in der vierten Symphonie die Wogen, erlangten Orkanstärke, um sich dann wieder zurückzuziehen in ein um Aufmerksamkeit buhlendes Pianissimo.
Schade, dass das Orchester der KlangVerwaltung diesmal allenfalls durchschnittlich musizierte und sich deutlich unter dem Niveau seines Dirigenten präsentierte. Es wäre sicherlich hochinteressant, Guttenbergs feurige Bruckner-Intensität einmal von einem Top- Ensemble realisiert zu hören.
Vor der Pause Mozart: Auch in der „Don Giovanni“-Ouvertüre und dem Klavierkonzert KV 466 wollte der Dirigent die dramatischen Momente in den Mittelpunkt stellen, wurde daran aber immer wieder gehindert: In der Ouvertüre durch die mangelnde Transparenz des Orchesterspiels, im d-Moll-Konzert durch die offenbar vollkommen konträren Ansichten des Pianisten. Jonathan Gilad verniedlichte die harmonischen Einbrüche auf geradezu ärgerliche Weise, benützte Samthandschuhe, wo kräftig zugepackt werden müsste. Ein seltsames Konzert: Einer – Enoch zu Guttenberg – gegen den Rest der Welt!
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