Emmanuelle Haim mit Händel, Mozart und Rameau
Herkulessaal: Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Emmanuelle Haïm mit Händel, Mozart und Rameau
Wer das Ancien Régime nicht kannte, wird niemals wissen können, wie süß das Leben war“, sagte der französische Politiker Talleyrand. Wir möchten dieses Wort ein wenig abwandeln: Wer die französische Musik dieser Zeit nicht kennt, wird nie erfahren, wie aufregend die sonst oft so fade Barockmusik sein kann.
Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks spielte nun – immerhin – eine halbe Stunde Jean-Philippe Rameau. Ungewöhnlich genug: Das trauen sich sonst nur auf franzöische Musik spezialisierte Ensembles. Landläufige Originalklangorchester scheuen den Aufwand eines mit vielen Bläsern besetzten Orchesters.
Für den verhinderten Bernard Labadie war die Emmanuelle Haïm eingesprungen. Die leicht zappelige Dirigentin und Cembalistin brachte die Musiker bei einer Suite aus der Oper „Dardanus“ angemessen in Schwung, um die eher kleinteilige Musik Rameaus mit großem Atem zu gestalten. Die ebenfalls kurzfristig aushelfende Sopranistin Katherine Watson sang mit klarer, vibratoarmer Stimme. Sofort entstand, ganz ohne Nachbauten alter Instrumente, das trockene Pathos dieser Musik: Eine wirklich erstaunliche Leistung.
Biss und gebremster Schwung
Die Suite Nr. 1 aus Händels „Wassermusik“ tönte ohne Naturhörner und ohne rohrig klingende Nachbauten alter Holzblasinstrumente konventioneller. Auch das einleitend gespielte Concerto grosso op. 6 Nr. 1 und die Schnipsel aus der Oper „Rinaldo“ wirkten etwas gebremst.
Dazwischen spielte Kristian Bezuidenhout Mozarts Klavierkonzert in A-Dur KV 488 – umständehalber ohne Dirigent. Der Deckel des Instruments war abgenommen – möglicherweise zur Freude für das Publikum am Rang. Im Parkett führte es zu einer Verdünnung des bissig scharfen Klaviertons des Hammerklavier-Experten aus Südafrika. Der spielte hier auf einem modernen Steinway und färbte den Orchesterpassagen den Klang stilistisch und historisch korrekt mit dem Generalbass ein.
Bezuidenhout drängte temperamentvoll vorwärts. Auch im Mittelsatz pflückte er keine blauen Blümchen der Romantik. Ein eigenwilliger, riskanter Ansatz. Nur hing leider der Rahmen schief. Denn das klein besetzte Symphonieorchester begleitete ihn viel zu rustikal.
Schon er erste Bläser-Einsatz dröhnte in einem Forte, das Mozart erst zehn Takte später vorschreibt. Wenn man zwei Tage vorher bei Teodor Currentzis und musicAeterna gehört hat, dass derlei Routine nicht sein muß, nimmt man dergleichen eher ärgerlich zur Kenntnis. Konventionell gespielten Mozart gibt’s genug. Deshalb: Mehr Rameau bitte!
Der Mitschnitt vom Freitag kann auf br-klassik.de nachgehört werden