Eminem - der Mann mit der Schaufel
Eminem ist gut für die Seelenhygiene Amerikas. Manifestation des Unterbewusstseins. Schemenhaft sichtbar hinter dem wehenden Gazevorhang der Worte. 41 ist Marshall Bruce Mathers III gerade geworden. „The Marshall Mathers LP 2“ heißt sein nach drei Jahren erschienenes neues Album, schon im Titel Selbstzitat und Fortsetzung seines größten Erfolges von 2000. Neben Dr. Dre hat Eminem sich gerade rechtzeitig Rick Rubin als Produzent geholt, der als Psychosoundheiler in diesem Jahr schon Black Sabbath vorwärts auf Anfang gebracht hat.
Das Schippen einer Schaufel zum Beginn: Der „Bad Boy“ gräbt im Moder der Vergangenheit. Mit der Hysterie dessen, der weiß: Wenn er findet, was er sucht, wird er nicht mehr derselbe sein. „Rhyme or Reason“ ist gebaut um exzessive Samples des alten Zombies-Hits „Time Of The Season“. Bei Eminem hört man zu Beginn die zweite Strophe: „What’s your name?“. „Marshall“, spricht Eminem. „Who’s your daddy?“ Und Eminem antwortet: „Ich habe keinen.“
„Headlights“ orientiert sich an den ersten beiden Akkorden von John Lennons Urschreitherapiesong „Mother“. Die eigene Mutter ist Eminems ewiges Thema, hier im Lebensschnelldurchlauf erzählt. Und angestoßen vom Refrain – „we are, who we are“ – vergibt er ihr.
Zum Luftschnappen taucht er an die Mainstreamoberfläche mit Rihanna: „Monsters“. Da dürfen sich alle bestätigt fühlen, die ihm Ausverkauf unterstellen. Es muss ihn nicht kümmern. Im Text wird Frieden geschlossen mit den Monstern unter dem Bett.
Dieses Leben ist ein Dschungel: „Survival“. Heavy drohen die Gitarren. „Rap God“ – hier dreht er ganz old school auf eine Maschinengewehr-Wortgeschwindigkeit auf, nach der sich jeder Konkurrent überlegt, ob er ihm an den Zaun pinkeln will. Dieser Eminem bringt nämlich gerne auch noch seine Freunde mit. Wie Kendrick Lamar, mit dem er zum Sample von „Game of Love“ von Clint Ballard sein eigenes „Love Game“ spielt. Erst vor der Folie eines Mitsechziger Swingalongs der Mindbenders wird eine dysfunktionale White-Trash-Liebe wahr wie die Hölle.
Eminem: „The Marshall Mathers LP 2“ (Universal)