Elisabeth Kulman im Prinzregententheater

Zunächst in bonbonartigem Rosa-Lila gewandet, im zweiten Teil dann im schwarzen Hosenanzug der Chansonette, schreitet Elisabeth Kulman auf der Bühne des Prinzregententheaters auf und ab. Wenn sie die „Habanera“ aus „Carmen“ von Georges Bizet anstimmt, umgarnt sie den Violoncellisten Franz Bartolomey, einen gepflegten älteren Herren, fast 50 Jahre lang Solist der Wiener Philharmoniker, der sich das gern gefallen lässt. Als dann aber die Stimmung umkippt und sie es mit ihrer Männerbeschimpfung zu weit treibt, schmeißt sie der Kontrabassist Herbert Mayr, auch er ein Wiener Philharmoniker, kurzerhand raus. Der vollbesetzte Saal klatscht begeistert.
Wenn man das nicht als Publikumsvotum gegen die Sängerin missversteht, muss man feststellen: Kulmans Programm „La femme c’est moi“ – „Die Frau bin ich“ –, das sie selbst konzipiert hat, kommt gut an. Es ist in seiner kurzweiligen Mischung aus berühmten Arien, Kunstliedern, Musicalsongs und Chansons eine willkommene Abwechslung zu den seriösen Liederabenden der Opernfestspiele. Bevor die siebenköpfige Gruppe von sämtlich männlichen Instrumentalisten einmal allein loslegt, agiert die österreichische Mezzosopranistin, gerade 45 geworden, als unermüdliche Vorturnerin.
Etwas sprunghaft
Der rote Faden des Abends ist das altbekannte Thema der mal verführerischen, dann wieder vom anderen Geschlecht frustrierten Frau. Nahe liegt es, diese Ambivalenz auch auf Kulmans Karriere zu beziehen, schließlich hat sie vor drei Jahren angekündigt, an keinen szenischen Opernproduktionen mehr mitwirken zu wollen – äußert sich hier eine Unzufriedenheit über den männlich dominierten Betrieb?
Auf jeden Fall sind diejenigen Beiträge des etwas sprunghaften Programms die besten, in denen Kulman Ernst macht mit der Männerdämmerung und ihren Kollegen vom tiefen Stimmfach einfach frech die Rollen wegnimmt: wenn sie also in der Tiefe des spanischen Machos Escamillo aus „Carmen“ röhrt oder das „O, Freunde“ aus Beethovens Neunter intoniert.
Bezeichnenderweise überzeugt im ständigen Hin und Her des Crossovers zwischen E- und U-Musik gerade der ganz klassische Schöngesang Kulmans am stärksten, die dunkle, samtige Kraft der Stimme, die sie in „Gretchen am Spinnrade“ von Franz Schubert etwa in den tiefsten Alt hinunterführen kann. Auch das Lied der Kate aus „Kiss me, Kate“ von Cole Porter nimmt sie, obwohl ihr amerikanischer Akzent kaugummiartig übertrieben ist, sängerisch ernst. Und ihr Ungarisch ist in dem Beitrag von Rezsö Stress perfekt, wie der Begleiter des Rezensenten, der dieser schwierigen Sprache mächtig ist, beeindruckt bestätigt.
Nicht zuletzt machen die Musiker der „besten Band der Welt“, wie Kulman sie stolz vorstellt, den stilistischen Mischmasch genießbar: das Klezmerspiel des Geigers Aliosha Biz oder der Klarinetten- und Saxophon-Jazz von Gerald Preinfalk. So gesehen kann Elisabeth Kulman am Schluss mit Edith Piaf zu Recht resümieren: „Ich bereue nichts“.