Eine Vision für den Carl-Orff-Saal im Gasteig

Das Münchener Kammerorchester mit Werken des 20. Jahrhunderts im Carl-Orff-Saal des Gasteig
Robert Braunmüller |
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Marco Blaauw spielt "I can't breath" von Georg Friedrich Haas.
Florian Ganslmeier 4 Marco Blaauw spielt "I can't breath" von Georg Friedrich Haas.
Kampf für drei Streicher: Kelvin Hawthorne (Viola), Yuki Kasai (Violine), Clemens Schuldt (Dirigent) und Bridget MacRae (Cello, v. l. ) spielen Górecki im Carl-Orff-Saal.
Florian Ganslmeier 4 Kampf für drei Streicher: Kelvin Hawthorne (Viola), Yuki Kasai (Violine), Clemens Schuldt (Dirigent) und Bridget MacRae (Cello, v. l. ) spielen Górecki im Carl-Orff-Saal.
Kampf für drei Streicher: Kelvin Hawthorne (Viola), Yuki Kasai (Violine), Clemens Schuldt (Dirigent) und Bridget MacRae (Cello, v. l. ) spielen Górecki im Carl-Orff-Saal.
Florian Ganslmeier 4 Kampf für drei Streicher: Kelvin Hawthorne (Viola), Yuki Kasai (Violine), Clemens Schuldt (Dirigent) und Bridget MacRae (Cello, v. l. ) spielen Górecki im Carl-Orff-Saal.
Das Münchener Kammerorchester im Carl-Orff-Saal.
Florian Ganslmeier 4 Das Münchener Kammerorchester im Carl-Orff-Saal.

Ein Besucher trug eine Tüte mit der Aufschrift „Voller Ideen“ bei sich. Besser lässt sich das Programm „Quiet City“ nicht beschreiben. Es gab einen Vorgeschmack darauf, was im Carl-Orff-Saal möglich wäre: nach einem Umbau, mit verbesserter Akustik, variablen Spielflächen und dem Münchener Kammerorchester als Katalysator musikalisch-szenischer Grenzüberschreitungen.

Zuerst spielte Marco Blaauw im abgedunkelten Saal „I can’t breathe“ von Georg Friedrich Haas für Trompete solo. Das Stück „in memoriam Eric Garner“ erinnert an einen asthmakranken Afroamerikaner, der 2014 von einem Polizisten in New York mit einem (eigentlich verbotenen) Würgegriff festgehalten wurde und dabei zu Tode kam.

Blaauw hatte ein Problem mit seinem Tablet auf dem Notenpult , und so kam es zum didaktisch sinnvollen Effekt, dass der Anfang zweimal zu hören war und die Variation der zwölftönigen Anfangs-Kantilene noch deutlicher wurde, die im Wechsel zwischen offenen und gedämpften Passagen in einem Röcheln, das allerdings sehr dezent bleibt.

Im Dickicht der Städte

Auch das weitere Programm umkreiste die Themen Stadt und Gewalt. Bei Henryk Mikolaj Górecki „Genesis I: Elementi“ konnte einem der Vorspruch von Brechts Drama „Im Dickicht der Städte“ in den Sinn kommen, der dazu rät, sich an den „menschlichen Einsätzen“ zu beteiligen, die „Kampfform der Gegner“ zu beurteilen und das „Interesse auf das Finish“ zu lenken. Die drei in maximaler Entfernung aufgestellten und von einem Dirigenten (Clemens Schuldt) moderierten Streicher schenkten sich nichts. Der Kampf endete angemessenerweise unentschieden, während man sich noch wunderte, dass dieses Brachialmusik-Trio vom sehr katholischen Komponisten der „Symphonie der Klagelieder“ stammt, die 1993 die Popcharts stürmte.

Dann brachte das helle Stück „Quiet City“ für Trompete (Blauuw), Englischhorn (Sergio Sánchez) und Streicher von Aaron Copland einen sehr amerikanischen Optimismus mit der Idyllik britscher Pastoralmusik des frühen 20. Jahrhunderts zusammen.

In „Voile“ für 20 Streicher von Iannis Xenakis kehrte das Programm von der friedlichen Provinz in die Metropolen zurück. Die minimalistisch-kraftvollen Rhythmen von Bryce Dessners „Aheym“ für Streicher balancierten dann noch auf ausgesprochen unterhaltsam auf der Grenze zwischen Rock und Neuer Musik.

Ein Raum für Vermittlung

Das sehr gut zusammengestellte Programm war keine Minute zu lang oder zu kurz. Alle Werke holten aus einem Streichorchester die maximale Farbigkeit heraus. Wenn nach einem Umbau das Orchester aus dem altmodischen Bühnen-Guckkasten herausgeholt werden könnte und die Zuhörer drumherum sitzen könnten, wäre im Carl-Orff-Saal ein intensiveres Erlebnis möglicher wie in anderen Sälen. Nicht jedes, aber viel neue Werke würden davon profitieren, dass der Zuschauer nicht, wie jetzt, in einem gepolsterten Pfuhl versinkt und dem Ende des Konzerts entgegendämmert.

Der Carl-Orff-Saal mag beim Umbau nicht allerhöchste Priorität genießen. Und der neue Spardruck kommt noch hinzu. Aber auch die städtischen Festivals Biennale, Spielart und Dance brauchen eine zentrale Spielstätte. So, wie der Saal jetzt ist, eignet er sich vor allem für Betriebsversammlungen und Diavorträge. Die sind auch wichtig. Aber im vor allem auf Kulturvermittlung zielenden Konzept des Neuen Gasteig könnte der Saal zwischen Philharmonie und Stadtbibliothek vermitteln. Und zwar nicht nur räumlich, sondern auch mit dem, was darin geschieht.

Das MKO spielt am Samstag, den 25. Juli um 18.30 Uhr im Garten der Villa Stuck. Karten zu 35 Euro unter www.m-k-o.eu. Die neue Saison beginnt am 30. August mit einem Konzert in der Himmelfahrtskirche in Sendling.

Lesen Sie auch unseren Artikel über die neue Saison des Münchener Kammerorchesters
 

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