Eine Philharmonie am Olympiapark? Ja, bitte!

Die Zwillingslösung ist tot: Kulturpolitiker der CSU schlagen den Olympiapark als Standort eines neuen Konzertsaals vor
Robert Braunmüller |
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Die Zwillingslösung ist tot: Kulturpolitiker der CSU schlagen den Olympiapark als Standort eines neuen Konzertsaals vor

Die von der Politik eingesetzte Arbeitsgruppe hat noch gar nicht abschließend über das bestellte Gutachten der Kultur-Beratung actori beraten. Gesehen oder gar in Ruhe gelesen hat die Endfassung niemand. Und schon setzt eine Standortdebatte ein: Kunstminister Ludwig Spaenle und Kunstbürgermeister Josef Schmid favorisieren das Gelände der Eissporthalle am Olympiapark als Standort für einen neuen Konzertsaal.

Das Gutachten erteilt der von Seehofer und Reiter im Januar festgezurrten Zwillingslösung einer gemeinsamen Sanierung des Gasteig durch Staat und Stadt und der anschließende Doppel-Nutzung durch Philharmoniker und BR-Symphoniker eine Absage: zu teuer, kein Mehrwert, ohne Vision für die Zukunft.

Den Herkulessaal, der Teil der Zwillingslösung war, mochten alle Beteiligten ohnehin nie: zu hässlich, zu niedrig, und wegen der sturen Schlösserverwaltung wohl unrenovierbar. Es scheint zwar widersinnig, bestehende Gebäude zu musealisieren, statt sie im täglichen Gebrauch weiterzuentwickeln. Aber wenn den Herkulessaal wirklich keiner will, möge er als Raum für Kammermusik und Denkmal weiterrosten, zusammen mit dem leerstehenden Kongresssaal.

Keine Lust auf den Streit mit Sturköpfen

Spaenle und Schmid fehlt jede Lust auf die unersprießliche Auseinandersetzung mit dem schwierigen Kuratorium des Deutschen Museums. Es lässt die Schauseite seines Hauses mangels Geld lieber verfallen, anstatt sie einer vernünftigen kulturellen Nutzung zuzuführen. Auch am Finanzgarten sind lästige Widerstände absehbar, auch wenn dieser Standort vom Dirigenten Mariss Jansons und der Mehrheit im Verein Konzertsaal München favorisiert wird.

Was spricht für den Olympiapark? Die Verkehrsanbindung ist im Vergleich zum Gasteig und einem Standort im Zentrum nicht ideal. Der Mittlere Ring ist überlastet, aber es gibt ausreichend Parkplätze. Die 500 Meter Fußweg zur U-Bahn müssten nur attraktiver gemacht werden.

Der Münchner Norden hat als Standort vor allem städtebauliche und kulturpolitische Vorzüge. Im Olympiapark muss jeder Neubau auf Frei Ottos Zeltdach, die BMW-Welt und das Vierzylinder-Hochhaus antworten. Ein Ansporn für einen zeitgemäßen Neubau, der im Finanzgarten kaum möglich wäre. Dass das Eissportzentrum am Olympiaturm nach 2018 abgerissen wird, ist längst beschlossen und der Platz noch unverplant.

Die konsequente Weiterentwicklung des Olympiaparks

Am Oberwiesenfeld wäre es möglich, den Konzertsaal aus kulturpolitischen Verkrampfungen zu lösen. Bisweilen wurde die Debatte von einem sehr bürgerlichen Musikbegriff beherrscht. Man konnte den Eindruck gewinnen, außer dem Symphonieorchester des BR hätte niemand Raumbedarf.

Am Finanzgarten droht trotz aller Lippenbekenntnisse ein Bau für Eliten. Neben dem Olympiaturm ist Raum für einen offeneren Kulturbegriff: Im Olympiastadion finden regelmäßig Open-Airs statt, die Olympiahalle ist der zentrale Ort für Münchens Pop-Großkonzerte. In der BMW-Welt wird Jazz gespielt. Der Bau eines Klassik-Konzertsaals würde den Olympiapark zu einem Kulturzentrum weiterentwickeln – mit einer Vielfalt, die dem an der Pariser Peripherie gelegenen Parc de la Vilette gleichkäme.

In der dort neu gebauten Philharmonie mit 2400 Plätzen residiert das Orchestre de Paris. Aber neben Klassik gibt es dort auch Konzerte mit Weltmusik und Pop. Eine solche Mischung würde auch in den Münchner Olympiapark passen.

Die politische Bewertung des Gutachtens liegt bei den Auftraggebern: Horst Seehofer und Dieter Reiter. Aber es scheint ausgeschlossen, dass Spaenle und Schmid ohne Absprache mit dem Ministerpräsidenten und dem Oberbürgermeister vorgeprescht sind.

Reiter teilte gestern mit, für ihn habe die Sanierung des städtischen Gasteig Vorrang. „Sollte sich der Freistaat tatsächlich entschließen, einen neuen Konzertsaal bauen zu wollen, ist die Stadt gerne bereit, dies planerisch zu unterstützen. Das habe ich immer betont und dazu stehe ich.“ Reiter kann sich ein „weiteres architektonisches Highlight“ gut vorstellen.

Die Rathaus-SPD fühlt sich übergangen. Sie will den Freistaat und den BR dazu animieren, bei der Grundstückssuche erst einmal eigene Flächen ins Auge zu fassen. Die Freien Wähler im Landtag wollen sich nicht vorschnell festlegen. Aber wer die Standortdebatte nun noch weiter führen will, muss sehr gute Argumente haben. Robert Braunmüller

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