Ein Lernender

Jewgenij Kissin und das Emerson String Quartet spielen im Herkulessaal Kammermusik von Wolfgang Amadeus Mozart, Antonin Dvorák und Gabriel Fauré
Michael Bastian Weiß |
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Der Pianist Evgenij Kissin.
Johann Sebastian Haenel Der Pianist Evgenij Kissin.

Es ist merkwürdig, einem Jewgenij Kissin dabei zuzuhören, wie er simpelste Füllstimmen spielt. Als Begleitpianist ist er hoffnungslos unterfordert. So ist er denn auch als Kammermusiker bislang kaum bekannt geworden, hat sich aber auf diesem Feld mittlerweile durchaus ausprobiert. Derzeit befindet er sich mit dem amerikanischen Emerson String Quartet auf Konzertreise, einem erfahrenen Ensemble, von dem er viel lernen kann.

Denn Kissin, der begnadete Techniker, kann zwar ohne Mühen jeden Klavierpart ausführen, doch die Anforderungen im Zusammenspiel mit anderen Musikern sind fundamental von denen des Solovortrags unterschieden.

Tatsächlich bleiben nach den beiden Klavierquartetten von Wolfgang Amadeus Mozart und Gabriel Fauré Fragen offen. Noch hat Kissin Probleme, mit den drei Streichern so eng zu kommunizieren, dass sich ein musikalisches Ganzes herstellt. Das darf man sich nicht gleich so vorstellen, als ob die Musiker im Herkulessaal nebeneinander her spielen würden.

Bälle über Klüften

Und es bleibt auch die Ausnahme, dass Kissins Pranke einmal die Kollegen zudeckt. Doch obwohl sich Kissin merklich darum bemüht, auf die Emersons zuzugehen, verschmelzen die vier nicht zu einem gemeinsam reagierenden Ensemble. Gerade in den Passagen von Mozarts Klavierquartett g-moll, in denen sich Solist und Trio die Bälle zuspielen, scheint eine Kluft bestehen zu bleiben.

Kissin spielt, was für ihn immer typisch war, mit größter Disziplin, bisweilen statuarisch. Läufe perlen gleichmäßig, fast steif, Phrasen werden nicht zum Sprechen gebracht, der Klang des Steinway-Flügels ist marmorhaft. So kann sich das Gebärdenspiel Mozarts nicht plastisch entfalten.

Sorglosigkeit bei der Feinabstimmung

Auch das zu einem Trio geschrumpfte Emerson String Quartet überzeugt nicht ganz. Gewisse problematische Tendenzen, die sich bereits in den letzten Konzerten abgezeichnet hatten, setzen sich fort, etwa Unsicherheiten in der Intonation und Sorglosigkeit in der Feinabstimmung.

Beiden Parteien kommt daher das erste Klavierquartet c-moll von Gabriel Fauré mit seinem vollgriffigen, quasi konzertanten Klavierpart weitaus mehr entgegen: Kissin kann aus dem Vollen schöpfen, der zupackende Gestus der Musik macht es auch den Streichern leichter, an einem Strang zu ziehen.

Antonin Dvoráks Klavierquintett Nr. 2 A-Dur ergeht sich dann eh in einer Melodienseligkeit, in der man schon einmal alle Fünfe gerade sein lassen kann. Alles in allem aber begegnen wir an diesem Abend Jewgenij Kissin als Lernendem. Nichts könnte spannender sein.

Kissin wird am 11. März um 19.30 Uhr in der Philharmonie Beethovens Hammerklaviersonate sowie ausgewählte Préludes von Rachmaninow spielen, Karten unter % 089 38 38 46 20 und bei Münchenticket

 

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