Ein Kindheitstraum wird wahr - neues Album von Steven Van Zandt
Am 9. Februar 1964, auf den Tag genau drei Jahre nach ihrem ersten Konzert im Cavern Club, traten die Beatles in der Ed Sullivan Show auf. An diesem Abend entdeckten Millionen amerikanische Jugendliche ihre Leidenschaft für den Rock'n'Roll, es war das Erweckungserlebnis für so gut wie jeden Rockstar der nächsten Generation. Sie alle träumten davon, wie die Beatles zu sein, auch der 13-jährige Steven Van Zandt. Und über 50 Jahre später kam er diesem Ziel ziemlich nah.
Zweitkarriere als Mafiadarsteller
2017 ging er als "Little Steven" mit seinen "Disciples of Soul" auf Europa-Tour. Am Tag vor dem ersten Konzert hatte er in London noch einen Drehtag für "The Irishman" von Martin Scorsese, ein kleiner Höhepunkt seiner Zweitkarriere als Mafiadarsteller.
Für das Konzert im Londoner Roundhouse hatte sich dann der Pate seiner Hauptdisziplin angekündigt: Paul McCartney. Steven Van Zandt bereitete deshalb den Beatles-Standard "I Saw Her Standing There" vor, und um seinem prominenten Zuschauer eine besondere Reverenz zu erweisen, ließ er sich bei dem wundervollen Arrangement samt Bläsern und Sängerinnen von Little Richard inspirieren - dem Idol von McCartney.
Als McCartney auf die Bühne kam
Der kam dann zu "I Saw Her Standing There" persönlich auf die Bühne. Man kann diese fünf Minuten seit Jahren in bester Qualität auf Youtube sehen. Und es lohnt sich dabei zu sein, wie sich McCartney mit geliehener Gitarre in diesen coolen Groove einfindet, wie er im Refrain ungeprobt die zweite Stimme übernimmt und am Ende röhrt wie, genau, Little Richard. "Es war einer der aufregendsten Momente meines Lebens", sagte Van Zandt später.
Neues Live-Album "Macca to Mecca!"
Jetzt hat er den Song erstmals veröffentlicht, auf seiner neuen Live-CD "Macca to Mecca!", und da passt er bestens rein. Denn einige Tage nach dem Londoner Auftritt, als Van Zandt mit dem Tourbus durch England und Schottland fuhr, hatte er die spontane Idee, seine Beatles-Fantasien noch weiter auszuleben: Er wollte vor seinem Auftritt in der Liverpooler O2 Academy im legendären Cavern Club auftreten - beziehungsweise in dessen Nachbau, denn den historischen Kellerclub hatten Liverpools selten dämliche Stadtoberen 1973 abreißen lassen, um einen Parkplatz zu bauen.
Van Zandt wollte ausschließlich Songs der Beatles spielen sowie Stücke, die diese vor ihrem Durchbruch gecovert hatten: Rock'n'Roll-Nummern oder das Arthur-Alexander-Stück "Soldier of Love". Und er wollte zur selben Tageszeit im Cavern auftreten wie die Beatles meistens: in der Mittagspause.
Geprobt wurde nur auf zwei Busfahrten
Freilich passten seine 15 Musiker nicht auf die winzige Bühne, die Bläser standen im Gang hinter einer Säule, die Sängerinnen hinter einer anderen. Und die Musiker hatten nur ein paar Tage Zeit gehabt, um die Originalarrangements zu lernen. Auf zwei Busfahrten zwischen Tourstops ging Van Zandt an der Akustikgitarre die Stücke mit ihnen durch und gab ihnen den Feinschliff. Dafür schlagen sich die Disciples of Soul erstaunlich gut.
Sie halten sich hauteng an den Originalen, bei der Soul-Nummer "Got To Get You Into My Life" etwa, bei "Magical Mystery Tour" oder dem tollen "Good Morning, Good Morning" - die Stücke hatte Van Zandt gewählt, weil er da seinen fünfköpfigen Bläsersatz einsetzen konnte. "All You Need Is Love" gerät etwas schunkelig, berücksichtigt aber unzählige Mini-Details des Originals.
Kindheitsträume auf CD verwirklichen
In erster Linie aber ist dieser Gig eine gut gelaunte Verbeugung, eine Gaudi, mit der Steven Van Zandt seinen Kindheitstraum in die Realität umsetzte. "Rock'n'Roll ist meine Religion, und das hier ist Mekka", sagt er auf der Bühne. Das Highlight des Albums aber ist der Song, den er einige Tage zuvor mit dem Mann aufgenommen hatte, der in Van Zandts privater Religion, um im Bild zu bleiben, zugleich als Prophet und Gott gelten müsste.
Little Steven & The Disciples Of Soul, "Macca To Mecca!" (Universal)