Doro Pesch: Geile Härte trifft klassisches Gefühl

Doro Pesch ist die einzige Frau beim diesjährigen Spektakel „Rock Meets Classic“ in der Olympiahalle. Die „Queen of Heavy Metal“ im AZ-Interview.
von  Volker Isfort
In München stellt Doro Pesch auch ihre neue Single „Love’s Gone To Hell“ vor.
In München stellt Doro Pesch auch ihre neue Single „Love’s Gone To Hell“ vor. © Veranstalter

München - Alle großen Rockbands haben ihre Songs auch mit großen Symphonieorchestern ausgetestet, eine Symbiose, die sich mitunter erstaunlich zwingend anhört. Bei der diesjährigen „Rock Meets Classic“-Show in der Olympiahalle werden Legenden wie Midge Ure (Ultravox), Joey Tempest (Europe), Andy Scott & Pete Lincoln (The Sweet) oder Scott Gorham und Ricky Warwick (Thin Lizzy) vom Bohemian Symphony Orchestra Prague unterstützt. Einzige Frau in der illustren Runde der männlichen Altstars ist Doro Pesch.

AZ: Frau Pesch, es ist wie immer: Ein Plakat mit einem knappen Dutzend Männernamen, sie bleiben die Einzelkämpferin in der Szene.

DORO PESCH: Es sind schon ein paar mehr Frauen dabei, die Balance ist ein bisschen besser, aber natürlich nicht ausgewogen. Früher war die Szene fast komplett männlich, jetzt haben wir aber zumindest Konzerte, bei denen fast genau so viele Frauen im Publikum sind.

Wieso gibt es dann so wenige Frauenmetalbands?

Ach, das habe ich mich schon oft gefragt. Ich finde Rock und Metal sind das Schönste auf der Welt, das Lebenselexier. Aber ich glaube, man muss sich irgendwann entscheiden, ob man eine Familie will, oder ständig auf Tournee geht. Ich bin ja immer so acht Monate im Jahr auf Tournee, mit einer Familie ist das schwer zu vereinbaren.

Wann haben Sie sich die erste Rock-Klassikplatte gekauft?

Das war sicher die von Metallica. Ich habe aber schon selbst tolle Erfahrungen mit Orchestern gemacht, auch in Wacken, wo ich mit einem 60-Mann-Orchester angetreten bin. Wir waren die Ersten, die dort mit Orchester gespielt haben. Das kam tierisch an. Wir haben dann das Album „Classic Diamonds“ gemacht und sind auf Tournee gegangen. Es ist wirklich unfassbar, wie manche Songs durch ein Orchester gewinnen. Kein Keyboard kann solche Gefühle erzeugen wie es echte Streicher tun.

Ist das nicht auch ein Widerspruch zum dreckigen Image von Hardrock ud Metal?

Nein, ich liebe beide Facetten von Musik: so hart und dreckig wie möglich und so tief und sensibel wie möglich. Eine gewisse Härte in der Musik ist geil, aber es muss alles Leidenschaft und Gefühl haben. Wenn das Orchester richtig gut arrangiert und eingespielt ist, dann ist das zum Hinknien schön.

Hören Sie sich privat auch mal die brachiale Gewalt von Bruckner an?

Ich bin mit Klassik aufgewachsen, weil mein Vater so ein Klassikfan war, der uns schon früh immer mit ins Opernhaus genommen. Als Kind habe ich das wirklich geliebt. Ich finde auch, dass Metal viel mit Klassik zu tun hat, was die Energie und die Passion betrifft, die Inbrunst. Wir in der Szene sagen auch immer: Würde Beethoven heute leben, würde er Heavy Metal machen.

Nicht jeder Song ist aber tauglich für ein Orchester?

Wir haben vor einem Jahr das 30-jährige Jubiläum gefeiert, da habe ich eine Full-Metal-Show gemacht und eine Klassikshow mit Orchester, und natürlich muss man das ganz anders arrangieren. Es eignet sich auch nicht jeder Song dafür, aber melodiöse Balladen klingen natürlich bombastisch.

Wie finden eigentlich die Klassik-Musiker diese Symbiose?

Die Musiker, mit denen ich in Wacken und später auf Tournee war, die hatten einen Riesenspaß. Die waren zuerst etwas zurückhaltend, aber nach ein paar Tagen sind die manchmal schon angetrunken auf die Bühne gekommen. Und wir haben gedacht: Die feiern ja mehr als wir. Die waren ja auch nicht in ein so strenges Korsett gespannt wie sonst. Die konnten endlich voll aus sich herausgehen.

Also gibt es keinen Widerspruch zwischen Frack und Lederkutte.

Wie waren in der Metal-Szene lange vielen Vorurteile ausgesetzt. Wenn die Menschen uns sahen, dachten die doch: Oh je, die nehmen gleich die Hütte auseinander. Aber jeder weiß ja mittlerweile, dass das nicht so ist, die meisten Metaller haben ein riesengroßes Herz und sind ganz feine, zarte Seelen.

Hardrock und Metal haben ihren Platz mitten in der Gesellschaft?

Auf jeden Fall ist die Zeit im Augenblick wieder richtig gut für Metal. In den 90er Jahren war es heftig, da gab es nur noch Grunge und in Amerika brach der Metalmarkt total ein. Aber die letzten 15 Jahre geht es wieder stetig bergauf. Und jetzt spielen wir auch in Ländern, wo es früher unmöglich war wie Russland und China. Wir gehen jetzt auch wieder in die Ukraine – und die Fans wissen das auch sehr zu schätzen, weil da momentan ja fast keiner mehr hingeht und spielt.


 „Rock meets Classic“ gastiert am 2. April um 20 Uhr in der Münchner Olympiahalle,
Tickets unter Tel. 089/ 49 00 9449

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