Django 3000: "Live muss es dreckig sein"

Die bayerische Folkrockband hat die auftrittsarme Pandemiezeit genutzt, um ein neues Album aufzunehmen: "AliBabo". Freunde von Gypsy-Rock und Balkan-Beat werden bestens bedient, daneben gibt es den eingängigen Popsong "I kimm vorbei" und die schöne Ballade "Des Oanzige". Am Sonntag stellt Django 3000 das neue Album bei Tollwood vor, in einem Doppelkonzert mit Dreiviertelblut. Ein guter Anlass für ein Gespräch mit Florian Rupert Starflinger, dem studierten Musiker, der mit seiner Geige den Bandsound seit jeher prägt. Die AZ erreicht ihn per Videokonferenz in Unterwössen im Chiemgau, der Heimat der Band.
AZ: Herr Starflinger, Grüße in den Chiemgau. Wohnen Ihre Kollegen auch noch dort?
FLORIAN RUPERT STARFLINGER: Der Sänger Kamil Müller wohnt ein paar Kilometer entfernt von hier. Der Schlagzeuger Jojo Vogt ist aus Rosenheim, der Bassist Korbinian Kugler aus Köln. Er ist zum Studieren dorthin gegangen und geblieben. Aber das klappt mit dem Zug wunderbar.
Er kommt also nur zu den Proben und Auftritten?
Wir proben nicht - aber zu den Auftritten kommt er.
Sie proben nicht?
Wir machen lieben eine halbe Stunde länger Soundcheck, die nutzen wir zum Proben.
Nun waren sie aber zusammen im Studio. Wie ist die CD entstanden?
Wir haben diesmal alles komplett selbst aufgenommen, wie bei unserer ersten Platte. Danach sind wir immer in die großen Studios gegangen. Jetzt haben wir aus der Not eine Tugend gemacht, haben alles selbst gemacht und sind sehr gut damit klargekommen.
Mit der "Not" meinen Sie das Geld, das wegen der Pandemie fehlt?
Ja, und auch die Aussicht darauf, dass man mit einer CD kein Geld mehr verdient. Man kann die Kosten durch den Verkauf kaum decken. Digital kommt eh kaum Geld rum.
Wo haben Sie aufgenommen?
Ich habe im Keller meines Hauses ein relativ großes Tonstudio, ich habe mich da über die Jahre sehr gut eingerichtet. Wir haben uns Zeit gelassen, haben von Beginn der Pandemie an immer wieder an der CD gearbeitet, haben viel rumprobiert und hatten Spaß daran.
Django 3000: "Wir sind eindeutig eine Liveband"
Wer hat die neuen Songs geschrieben? Im Booklet der CD steht dazu kein Wort.
Die Songs schreiben Kamil und ich. Aber wir wollen uns nicht irgendwie darüber profilieren, wer was gemacht hat - wir sind eine Band.
Bei Ihren Konzerten geht es darum, die Leute zum Tanzen zu bringen. Das Studio dürfte nicht Ihr natürliches Habitat sein, oder?
Wir sind eindeutig eine Live-Band, verdienen live unser Geld und brauchen auch die Kommunikation mit dem Publikum. Das fällt im Studio alles weg. Aber man kann sich im Studio sehr mit der Musik beschäftigen, was auf der Bühne nicht so möglich ist. Da schaut man eher, dass man die Leute bei Laune hält. Aber beides ist für uns cool und die Abwechslung macht's aus.
Spielen Sie im Studio feinsinniger?
Wir sagen immer: Live muss es dreckig sein, im Studio muss es passen. Aber man hat ja auch viele Versuche, es gut zu machen.
Wie war ihre musikalische Herangehensweise?
Wir haben uns auf unsere Anfänge besonnen und die Instrumentierung wieder auf das Minimum beschränkt: Gitarre, Violine, Kontrabass und Schlagzeug. Wir hatten es im Lauf der Jahre immer mehr mit Synthesizern probiert. Das haben wir wieder komplett weggelassen. Es ist eine sehr ehrliche, bodenständige CD geworden.
Einige der Songs haben Sie schon im Lauf der letzten Jahre veröffentlicht. Wie kamen sie an?
Die Klickzahlen waren sehr gut. Aber wir hatten kaum die Chance, die Songs live zu testen. Oft denkt man, dass Songs live gut funktionieren werden und dann ist das nicht der Fall - und umgekehrt. Man muss das immer ausprobieren.
"Polka versteht jeder Mensch auf der Welt"
Können Sie ein Beispiel von der neuen CD nennen?
Ich finde, dass der Song "Charlie" eine total coole Nummer ist. Er wird demnächst auch für die Musik des Films "Wer gräbt den Bestatter ein?" verwendet. Aber live kommt er nicht so rüber, deshalb mussten wir ihn rausnehmen. Da kommt das Publikum so runter, das ist dem Programm nicht dienlich.
Dieser Song ist stilistisch gar nicht so weit von "Dreiviertelblut" entfernt, mit denen sie sich am Sonntag bei Tollwood die Bühne teilen.
Stimmt. Unser ganzer Stil ist relativ ähnlich. Wir haben uns unbewusst wohl immer wieder ergänzt. Aber wir kommen uns nicht in die Quere, das kann sich super ergänzen und wird sehr abwechslungsreich: erst mit Dreiviertelblut eine sehr tiefsinnige Band, bei der man gut zuhören muss, und bei uns ist dann mehr Haudrauf.
Welcher neue Song kommt besonders gut an?
"Diskotheka Bavaria" ist ein absoluter Abriss. Da geht's wirklich ab. Und "I kimm vorbei" wird uns live sehr lang begleiten, den werden wir sicher zehn Jahre auf der Bühne spielen.
Sie haben auf Einladung des Goethe-Instituts auch schon in Indien und Südkorea gespielt. Wie kam Ihre Musik da an?
Sehr gut. Bei uns ist es relativ eindeutig zu identifizieren, warum es im Ausland gut funktioniert: Wir haben einfache Rhythmen. Polka versteht jeder Mensch auf der Welt. Und unsere Refrains sind oft sehr einsilbig, oft mit "La-la" oder "Na-na", da kann jeder Mensch mitmachen. Das ist der Grund, warum auch Leute in Südkorea mitsingen und mittanzen.
Django 3000: "AlibBabo" bei Millaphon Records/Sony Music. Live am Sonntag, 19. Juni, mit Dreiviertelblut in der Tollwood Musikarena, Karten ab 43,90 Euro unter www.tollwood.de, Einlass 17 Uhr, Beginn 18 Uhr.