Dima Slobodeniouk über das Akademiekonzert

Drei Tage lang am Sonntag, Montag und Dienstag dirigiert Dima Slobodeniouk Werke von Martinu und Strawinsky im 6. Akademiekonzert des Bayerischen Staatsorchesters. Die AZ traf ihn nach der zweiten Probe im Probengebäude des Nationaltheaters.
AZ: Herr Slobodeniouk, wie ist Ihr erster Eindruck vom Bayerischen Staatsorchester?
DIMA SLOBODENIOUK: Die Musiker reagieren sehr wach mit Herz und Hirn – weniger analytisch, sondern eher emotional. Kein Wunder, denn das Staatsorchester spielt überwiegend Oper. Ich bin glücklich.
War es Ihre Idee, das Violinkonzert von Bohuslav Martinu mit Strawinskys „Feuervogel“ zu verbinden?
Der Vorschlag kam aus dem Haus, aber ich wünschte, ich hätte die Idee selbst gehabt. Es ist eine sehr schöne Zusammenstellung, weil sich beide Komponisten von der Folklore ihrer Heimatländer inspirieren ließen – nicht unbedingt in den Melodien, aber von der komplexen Rhythmik und Harmonik her.
Woran liegt es, dass Martinus zweites Violinkonzert so selten gespielt wird?
Die mangelnde Bekanntheit bestimmter Stücke hat immer eine Ursache. Bei guten Stücken – zu denen ich dieses Konzert zählen würde – kann es mit weniger gelungenen Aufführungen zu tun haben, die den Hörer nicht unmittelbar ansprechen. Es gibt auch Werke, die man zwei- oder dreimal hören muss. Der Geiger Frank-Peter Zimmermann ist meiner Meinung nach der ideale Interpret für Martinus Konzert, weil er der Qualität dieses unkonventionellen Werks vertraut.
Was ist das Unkonventionelle an Martinus Konzert?
Es ist technisch anspruchsvoll, aber kein typisches Virtuosenkonzert. Der Solist spielt oft gleichberechtigt mit dem Orchester, das ihn nicht nur begleitet. Ich habe es noch nie zuvor dirigiert, aber ich glaube an dieses Konzert.
Sie haben erst Geige studiert, später Dirigieren in Finnland. Wieso bringt diese Gegend so viele Dirigenten hervor?
Weil die Ausbildung sehr gut ist und die Studenten von Anfang an zweimal pro Woche drei Stunden mit einem Orchester arbeiten. Die Arbeit am Klavier ist auf das Minimum reduziert. Leif Segerstam war mein Professor, ich habe auch mit Jorma Panula gearbeitet, die die Schule vor 50 Jahren gegründet hat. Obwohl sich Dirigenten untereinander als Kollegen und nicht als Konkurrenten sehen: Die vielen guten jungen Dirigenten beleben das Geschäft.
Warum dirigieren Sie auch viel Neue Musik?
Das ist auch ein Vorteil der finnischen Schule: Komponisten und Dirigenten lernen voneinander. Es ist wichtig, an jedes Stück so heranzugehen, als ob es das künftige Meisterwerk wäre. Ich mag es nicht, wie zwischen Bach, Beethoven und zeitgenössischer Musik unterschieden wird. Beides ist Musik, die hier und jetzt gespielt wird.
Nationaltheater, Sonntag, 11 Uhr, sowie Mo und Di, 20 Uhr, Restkarten an der Tages- bzw. Abendkasse