Diener des Songs: Mick Hucknall im Kesselhaus
You Don’t Know Me By Now“ – was hat man sich damals vor diesem Softeispop gegruselt. Und dabei zwei Dinge vergessen. Erstens, dass jeder, der glaubt, Soul singen zu müssen, erst einmal den Simply-Red-Mann Mick Hucknall hören sollte. Zweitens, dass der Song natürlich keine Simply-Red-Nummer aus den pappigen 80ern ist, sondern aus dem eleganzästhetischen Philly-Soul der 70er kommt.
„American Soul“ heißt Hucknalls neues Solo-Album. Und das stellte er ausgiebig im Kesselhaus vor. Mit einer Band, die ab dem ersten Beat in Studio-Perfektion präsent ist. Diese fünf Musiker wissen, wie man in den Songs Luft lässt, die keine Leerstelle ist, sondern aufsteigt, wie Blubberbläschen.
Vom Vorgängeralbum „Tribute to Bobby“, der Verbeugung vor Bobby Bland, gibt es ein funkmeisterliches „Jolanda“, die Überleitung zum Abflug inklusive Slap-Bass-Solo, zu dem Mick tanzend über die Bühne segelt. „Baby What You Want Me to Do“ – Bluesrock ist der Einstieg in dieses Konzert und in Hucknalls Kunst, die nie versucht, mehr zu sein, als der Song.
„Lonely Avenue“, der an die Grenze des Geisterhaften drängende Hit, den Doc Pomus für Ray Charles schrieb, wird durch Musiker, die wissen, wie man einer Nummer dient, zu einer großen Erscheinung. Hucknall ist kein Coversänger, der sich auf den Erfolg anderer aufhockt, er ist in einem altmodisch, ehrenwert unverzichtbaren Sinn Interpret.