Die Teufelsgeiger-Show must go on

David Garrett auf dem ausverkauften Königsplatz mit Klassik-Orchester-Band
Adrian Prechtel |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Gott liebt David! Oder doch Dave von Depeche Mode, die parallel im Olympiastadion spielten und herüberschallten? Für gut drei Stunden jedenfalls fiel über dem gesamten Münchner Nordwesten kaum ein Tropfen.

Und letztlich war auch die ausverkaufte Großveranstaltung auf dem kühl-klassizistischen Königsplatz ein Rockkonzert (Glühwein: 3 Euro, Ohrenstöpsel: 1 Euro) und nicht im klassischen Gewande. Das sympathisch gemischte Publikum war ausgestattet wie Flachlandtiroler auf Bergtour: Decke, Funktionskleidung, Regencape, Rucksack, Knirps... Und als in der Pause auf der Leuchtleinwand bereits die Ankündigung des Garrett-Konzerts für Mai 2014 aufleuchtete, war sich die aus Ulm angereiste Krankenhaus-Betriebsgruppe bereits wieder einig: „Da ganget mer wieder hin!“

Ein Digital-Countdown hatte um 20.15 Uhr zum Auftritt runtergezählt. Dann schallte „Rock You“ von Queen mit E-Band und Orchester über den Platz. Garretts Geige ging sofort unter - ein Problem, das für alle Rocknummern galt von „Viva la Vida“ von Coldplay über Hartes von ACDC oder „Show Must Go On“-Bombast.

Garrett wirkt wie ein angenehmer, zweifellos aber selbstverliebt egozentrischer Typ. Er bittet ein Mädchen auf die Bühne, die ihm beim rasenden Virtuosentum aufs Griffbrett schauen darf, beantwortet pseudo-freche Zuschauerinnenfragen (Sandra: „Was müsste ich tun, damit Du Dir die Haare abschneidest?“), erzählt zwischen jeder Nummer zusammenhangslos eine Anekdote aus seinem lustigen Zigeunerleben, wagt sich zur zweiten Runde kurz unter einem goldenen Kapuzen-Kutten-Cape auf eine Minibühne im Zuschauerfeld und schaut den jetzt nahen Zuschauermiezen, die sofort ihr Handy zücken, zu „Eye of the Tiger“ in die Augen.

Wenn nach knapp drei Stunden Garrett in der Michael-Jackson-Zugabe alle auffordert, mit den Handys ihn anzuleuchten, „sieht das hier vorne richtig geil aus!“, wobei sich Garrett sofort für den Ausdruck entschuldigt, als ob das für einen klassischen Geiger unziemlich wäre.

Aber hier ist das Problem: Garrett verpoprockt fast jedes Hit-Stück des Klassik-Repertoires, lässt sich niemals nur vom Orchester begleiten. Nicht nur Beethoven bekommt Schlagzeug ab, auch Vivaldis „Sommer“ verlässt - über die bekannte Nigel-Kennedy-Speednummer hinaus - die Klassik durch Bandbegleitung. Schade! Denn das würde diesem Cross-Over-Projekt noch einen bereichernden, ernsten Aspekt geben.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.