Die Münchner Philharmoniker mit "Carmina Burana" von Carl Orff in der Feldherrnhalle
Kein Konzert ohne ein Wort zum Konzertsaal. Am ersten Abend von „Klassik am Odeonsplatz“ gab es den als Witz gemeinten Vorschlag des Kulturreferenten Hans-Georg Küppers, den Marienhof kulturell zu bebauen. Am zweiten Abend sprach Dieter Reiter sein Machtwort. „Der Odeonsplatz ist akustisch unbestritten hervorragend“, sagte Dieter Reiter in Anspielung auf die in fünf Jahren beginnende Gasteig-Sanierung und die Debatte um einen Neubau.
Doch nur wenn der Klimawandel in Riesenschritten voranschreitet, reicht die Feldherrnhalle als zweiter Konzertsaal aus. Selbst Puristen, die über elektronisch verstärkte Klassik die Nase rümpfen, müssen gestehen: Am Odeonsplatz funktioniert das besser als an anderen Orten dieser Stadt. In den vorderen Reihen wird der natürliche Klang des Orchesters dezent angehoben. Weiter hinten tönt es auch nie nach Plastik oder Konserve: Der Sound ist üppig, gut durchhörbar, aber nie übertrieben laut.
Wind, aber kein Regen
Wie beim Konzert des BR-Symphonieorchesters am Vorabend wirkte Leises wie „Aases Tod“ aus Edward Griegs erster „Peer Gynt“-Suite besonders gut. Der junge polnische Dirigent Krzysztof Urbanski feuerte die Münchner Philharmoniker „In der Halle des Bergkönigs“ wirkungsvoll, aber ohne billige Effekthascherei an. Ahnlich straff dirigierte der junge Pole die am Odeonsplatz sehr beliebte Fantasie-Ouvertüre „Romeo und Julia“.
Schon zur Pause war die Begeisterung größer als beim vergleichsweise esoterischen Programm des BR-Symphonieorchesters mit spanisch angehauchten Franzosen. Denn es ist ein besonderer Reiz dieses Konzertdoppels, dass die beiden Abende ein eigenes Profil besitzen. Für jeden ist da was geboten – Klassik-Klassiker und unbekanntere Werke.
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Die zur Pause recht dunklen Wolken brachten von Westen keinen Regen, sondern nur Wind und die „Carmina Burana“ zum 120. Geburtstag des Lokal-Heroen Carl Orff. Der Philharmonische Chor und der Kinderchor des Gärtnerplatztheaters boten die Gesänge über Wein und Weib mit angemessener Fleischlichkeit. Jochen Kupfer musste sich als betrunkener Abt am Geländer des Dirigentenpults festhalten, in der Kneipenszene schunkelte der von Andreas Herrmann einstudierte Chor.
Freude über ein Wochenende mit zwei großen Orchestern
Urbanski betonte die eher rustikale Seite der 1937 uraufgeführten Kantate über das Kommen und Gehen des irdischen Glücks. Die Tontechnik ließ die Philharmoniker bunt klingen. Auch die Färbung der Bläser und Streicher durch zwei hinter dem Schlagzeug aufgestellte Klaviere ging nicht im Getöse unter.
Die Sopranistin Daniela Fally sang glasklar, der Tenor Benjamin Bruns traf den parodistischen Tonfall des gebratenen Schwans. Trotzdem: Das alles wurde auch schon extrovertierter gesungen. Übertitel auf dem Bildschirm neben der Feldherrnhalle hätten das bildungsbürgerliche Vergnügen über die lateinischen, mittelhochdeutschen und altfranzösischen Texte noch ein wenig gesteigert.
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Am Ende gab es eine Wiederholung des „Fortuna“-Chors und ausnahmsweise sogar stehenden Beifall, Bravos und zustimmende Pfiffe. Man könnte nun den vergleichsweise kühlen Beifall am ersten Abend dagegen aufrechnen. Doch wir freuen uns lieber, dass wir zwei so großartige Orchester in München haben, die das Populäre nicht vernachlässigen.