Die Kunst der Empfindsamkeit

Die Münchner Operntruppe così facciamo zaubert im Cuvilliés-Theater Purcells Barockspiel „Dido & Aeneas“ auf die Bühne und webt – bei großer Werktreue – auch die arabische Welt Didos ein
Adrian Prechtel |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Die Münchner Operntruppe così facciamo zaubert im Cuvilliés-Theater Purcells „Dido & Aeneas“ auf die Bühne und webt – bei großer Werktreue – auch die arabische Welt Didos ein

Auch dreihundert Jahre vor Sigmund Freud gab es schon eine Psyche[/INI_3]. Nur ging man damals mit Auffälligkeiten anders um: Melancholie galt als Zeichen bewundernswerter Empfindsamkeit. Heute würde man grob sagen: Dido war depressiv – wie sie in ewig schwarzem Witwenkleid sich erst vom Hofstaat drängen lassen muss, sich neu zu verlieben.

Regisseurin Heike Hanefeld hat ein dichtes Meisterwerk auf die Bühne des Cuvilliés-Theaters gezaubert: Die Inszenierung hat wunderbaren Respekt vor Hernry Purcell (1659 –1695) und seinem Librettisten Nahum Tate. Denn neue psychologische und politische Ideen sind einfühlsam, aber klar, vor allem elegant integriert. Die karthagische Königin (stimmschön, tragisch: Stephanie Krug) verbringt eine Liebesnacht mit dem trojanischen Flüchtlingsprinzen Aeneas (Christian Sturm, stolz und sinnlich im abeteuerlichen Militärmantel). Hexen zerstören mit einer Intrige das Liebesglück. Aeneas bricht – trotz Verliebtheit – pflichtbewusst Richtung Italien auf, um die Gründung Roms vorzubereiten.

Hanefelds Idee, die destruktiven Hexen gleichzeitig die Hofstaat-Rollen spielen zu lassen, interpretiert den Hof als intrigant. Gleichzeitig verlagert die Inszenierung Handlungsaspekte ins Innere Didos: Sind die das Gift des Scheiterns streuenden Hexen nicht doch nur die pessimistischen, todessüchtigen Zweifel der melancholischen und stolzen Frau?

Eine der atmosphärisch intensivsten Ideen für „Dido & Aeneas“ ist der Einsatz von drei arabischen Musikern. Ihr elegant eingeschobenes Spiel begleitet die Strandung des Prinzen, die Hochzeitsfeier, den Trauerschock über den Verlust des Liebhabers.

Es ist eine wunderbare interkulturelle Begegnung zwischen dem europäischen, folk-musikalischen Barockkomponisten Purcell und der tänzerisch empfindsamen Musik Arabiens.

Noch Sa und So, 20 Uhr, Cuvilliés-Theater. Karten: 18 bis 80 Euro, www.cosifacciamo.de

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.